das Inland genügte. Mit meinem letzten Geld und dem von Freunden, das Eva und Tilla auftrieben, hatten wir die Kennkarte erworben. Sie lautete auf den Namen Leonie Maier und war in Düsseldorf ausgestellt. Aber wenn auch die Personalien einigermaßen stimmten sie war etwa vier Jahre jünger als ich, so mußte doch das Bild und damit ein Teil des Stempels, ergänzt werden. Gustav hatte versprochen, das machen zu lassen, aber anscheinend ließ ihn der Bekannte, der es angeblich verstand, im Stich, oder es gab sonst ein Hindernis. Und ohne Ausweis den Aufenthalt zu wechseln, erscheint mir fast unmöglich.
Eva, die Treue, hat aus meinen letzten Briefen, die immer so abgefaßt sind, als ob sie von Erna stammen, gespürt, wie bedrückt ich bin. Sie will mich so bald wie möglich besuchen und bittet mich, noch etwa vierzehn Tage Geduld zu haben, dann hoffe sie über das Wochenende zu mir kommen zu können. Ich klammere mich an diese Aussicht, wie der Ertrinkende an den Strohhalm und weiß doch nicht, was ich für eine Aenderung davon erwarten sollte.
Am Tage, nachdem ich meine letzte Eintragung in das Tagebuch gemacht hatte, erhielt ich einen sehr lieben Brief von Tilla mit folgender Mitteilung: Zwei alte gute Freundinnen von uns, Maria und Irma, hatten an sie ins Isartal geschrieben und angefragt, ob nicht Tilla etwas von mir wüßte. Und da habe sie, weil sie fühle, wie einsam ich sei, ihnen kurz entschlossen geschrieben, wo ich sei. Natürlich ohne Angabe des Namens und der Adresse von Erna, aber da die beiden Erna als meine Cousine von früheren zahlreichen Geburtstagsbesuchen bei uns kannten, genügten Vorname und Verwandtschaftsverhältnis. Ich war zuerst
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