Offenbar hatte Schroth fest damit gerechnet und triumphierend gehofft, daß es ihnen nun endlich gelungen sei, mir etwas am Zeug zu flicken und mich bei einer Unregelmäßigkeit ertappt zu haben. Daß diese Hoffnung auf einer Täuschung beruhte, ärgerte ihn so sehr, daß er sich, ohne ein weiteres Wort zu sprechen, umdrehte und mit raschen Schritten den Hofraum verließ. Erstaunt blickten wir ihm nach und sahen uns dann an. Unser Vorsitzender wischte sich aufatmend den Schweiß von der Stirn. ,, Gott sei Dank", sagte er ,,, diesmal habe ich wirklich für Sie gefürchtet." Er teilte mir mit, daß ein Teil der Milbertshofener gegen Mittag kommen würden und der Rest abends mit dem Möbelauto, das ihre Sachen bringen sollte. ,, Und von morgen früh ab haben Sie also Urlaub“, fügte er hinzu. ,, Ich wünsche Ihnen, daß Sie sich richtig ausruhen und erholen."
Trotz reichlicher Arbeit schien es mir, als wollte an diesem Tag die Zeit nicht vorwärts schreiten. Mittags kam ein Teil der Milbertshofener, doch zu meiner Enttäuschung nicht Herr Metz, der künftige Leiter von Berg a. L. Und ich hatte gehofft, ich würde den Nachmittag benutzen können, um ihm alles zu übergeben, ihm die Auskünfte zu erteilen, die die Uebernahme des Betriebs erforderte. Aber vielleicht war es gut so, sollte es ein Zeichen sein, die abenteuerliche Flucht, die mir immer unmöglicher schien, zu unterlassen und brav einige Zeit in Urlaub zu Frau Dr. Weiß zu gehen? Wie verlockend war dieser Gedanke! Ich war aller Ueberlegungen so müde, wie herrlich würde es sein, in dem lieben, ruhigen Häuschen am Englischen Garten ausruhen und nicht mehr an alle Schwierigkeiten und Komplikationen denken zu müssen, die eine Reise nach Berlin unweigerlich mit sich brachte! Tilla und Eva würden böse sein, die Guten, Treuen , vielleicht auch Frau Doktor Weiß, aber ich konnte es nicht ändern, ich hatte keine Kraft mehr zu dem Wagnis.
Als ich am Nachmittag nach einigen der üblichen Telephongespräche vom Schwesterntrakt durch den Kloster
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