garten ging, lief mir die stellvertretende Schwester Pfört­nerin nach. ,, Frau Doktor, Oberschwester Theodora läßt Sie bitten, doch gegen halb sieben Uhr noch einmal her­überzukommen. Sie gehen ja morgen früh auf Urlaub, und sie möchte sich gern persönlich von Ihnen verabschieden." Ich versprach zu kommen.

Am Spätnachmittag traf der Möbelwagen mit der Habe und den letzten Insassen aus Milbertshofen ein, Herr Metz sprang als erster heraus und begrüßte mich. ,, Lassen Sie uns jetzt schnell unsere Sachen verstauen, sagte er ,,, am Abend wollen wir dann kurz noch das Nötigste miteinander besprechen." Mir war es recht. Seit ich entschlossen war, nicht zu fliehen, war es mir gleichgültig, wie lange ich noch am Abend würde arbeiten müssen. Um halb sieben Uhr ging ich ins Kloster hinüber. Oberschwester Theodora war wie gewöhnlich in dem kleinen Pförtnerstübchen. Sie kam mir mit ausgestreckten Händen entgegen. ,, Liebe Frau Doktor", sagte sie herzlich ,,, ich möchte Sie nicht gehen lassen, ohne Sie noch einmal kurz gesprochen zu haben. Ich weiß nicht, was kommen wird, ob und wann ich Sie wiedersehen werde, aber Sie sollen wissen, daß unser Gebet und unsere Wünsche Sie begleiten, wohin auch immer Sie gehen werden. Wir wissen, was für eine schwere Zeit hinter Ihnen liegt, wir ahnen nicht, was kommt, aber hoffen zu­versichtlich, daß es besser und leichter für Sie werden wird!" Ganz verwirrt sah ich sie an, sah das milde Gesicht mit den feinen Fältchen, die klugen, guten Augen, die so viel vom Leben zu wissen schienen. Wußte sie auch von mir mehr, als ich ihr gesagt hatte? Ich konnte es nicht ergründen, und es war auch nicht wichtig. Aber das eine fühlte ich: Ihre Worte hatten mir Kraft gegeben, hatten alles Bangen und alles Zögern von mir genommen, und nun lebte die alte Energie wieder auf, der Mut, das schwere Abenteuer zu wagen! Wortlos drückte ich ihre Hände, nickte ihr noch einmal zu und ging dann den alten, wohl­bekannten Weg zurück ins Heim. Ruhig erledigte ich das

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