Gruppe, vor mir sah ich Altschülers stehen. Es war drük­kend heiß, ja schwül, ganz ungewöhnliches Wetter für einen Tag zu Beginn des Monats April. Mir stand der Schweiß auf der Stirn, Arme und Beine begannen zu zit­tern. Mein Handgepäck war viel zu schwer, niemals würde ich das alles auch nur eine kurze Strecke tragen können.

Frau Dr. Weiß kam auf mich zu: ,, Fühlen Sie sich nicht gut?" fragte sie besorgt. ,, Ich habe viel zu viel und viel zu schweres Gepäck", stieß ich mit aufeinandergebissenen Zähnen hervor. ,, Stellen Sie das Gepäck auf die Erde ", sagte sie freundlich ,,, es ist unangenehmer, längere Zeit damit unter der stechenden Sonne zu stehen, als damit bei normalem Wetter zu laufen." Ich riẞ mich energisch zu­sammen, gerade ich durfte unter keinen Umständen schlapp machen. Ein Blick auf die laut schwatzende und lachende Gruppe der SA.- Führer gab mir die letzte nötige Kraft. Da begann Reiling wieder zu sprechen: Jeder müsse sich seinen Platz, seine Nachbarn und Vordermänner merken, damit morgen früh bei Dunkelheit der Aufmarsch schnell und in Ordnung vor sich gehen könne. Wir hätten einen etwa zwanzig Minuten dauernden Weg bis zum Geleise, wo unser Zug stehe, und wir müßten am Ziel der Bahn­reise auf einen Weg von mehreren Kilometern zu Fuß mit unserem Handgepäck gefaßt sein. Jeder solle noch einmal prüfen, ob er dies Gepäck wirklich tragen könne, und lie­ber zurücklassen, was zu schwer sei, als gezwungen zu sein, unterwegs die Deckenrolle oder die Reisetasche fortzu­werfen, weil man sie nicht mehr schleppen könne.

In diesem Augenblick sah ich, wie Herr Altschüler vor mir zusammensackte unter der Last seines Rucksacks, den ich ihm schnell abnehmen half. Da stieß mich meine Nach­barin an: ,, Frau Doktor, Ihr Name wird gerufen!" Erstaunt blickte ich mich um, ich hatte nicht mehr zugehört, be­schäftigt, ein Umsinken des Mannes vor mir zu verhindern. Da, jetzt wurde mein Name von Reiling nochmals gerufen: ,, Frau Dr. Behrend, schnell zur Gestapobaracke!" Ich löste

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