hebung, der wollte ich mich gewiß nicht schuldig machen und niemals vergessen, daß mir Demut und Bescheidenheit zu den erstrebenswertesten Tugenden zu gehören schienen. Die Stunde der Einkehr hatte mir gut getan, ruhig konnte ich nun wieder zu den Obliegenheiten dieses Tages zurückkehren.;

Noch einmal vereinte uns das einfache Frühstück unten im Speiseraum. Dann schnell nochmals in das Zimmer zu- rück, um das Gepäck herauszuholen, das unten, zur Ab- holung bereit, vor der Haustür aufgestapelt wurde. Ein letzter Blick in das Zimmer Nr. 38: Dank dir, Schutzheilige dieses Raumes, heilige Theresia!

Schon hörte man das Rollen des großen Gesellschafts- autos, das mit seinem Anhänger für das Gepäck in den Hof fuhr. Schnell hinunter! Noch einmal Abschiednehmen, aber rasch und kurz. Wir drei von der Leitung hatten uns ausbedungen, beim ersten Transport zu sein. Dreimal muß- te das Auto fahren, um die rund fünfundsiebzig Menschen aus unserem Heim ins Sammellager zu bringen. Auch Alt- schülers waren mit mir im Auto, sie, Heilbronner und ich wollten möglichst zusammenbleiben. Wir fuhren ab, das Tor der Klostermauer öffnete sich, die Zurückbleibenden winkten unter Tränen, auf der Straße standen einige Neu- gierige, die dem Wagen nachsahen; schon waren wir vor- über. Die wohlbekannten Straßen der Stadt glitten an mir vorbei, wieder mußte ich denken: zum letzten Mal! Dann kamen unbekannte Stadtteile, und plötzlich ging es mir auf, daß ich ja das Barackenlager noch nie gesehen hatte, in dem doch so viele mir gut bekannte Menschen lebten. Nun durchfuhren wir öde, lange Straßen mit Fabriken an einer Seite und einer Mauer an der anderen, jetzt kam ein Tor. Es wurde geöffnet, wir bogen ein, und das Auto stand auf einem kahlen Platz, der an allen vier Seiten von Holzba- racken ohne Steinunterbau eingefaßt war. Kein Baum oder Strauch weit und breit zu sehen. Wieviel schwerer mußte es sein, hier zu leben als in unserem schönen, von wohl-

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