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befehl für jeden einzelnen. Wir, d. h. die Heimleitung, sa­Ben zusammen im Büro, hatten die Tür verschlossen und sahen die Liste durch. Abels Name stand obenan, bald darauf folgte der von Gertrud Lind und außer ihnen drei­undachtzig Heiminsassen, darunter auch Brader und Thekla Land! Also doch würde ich es sein, die sie von der Höhe ihrer Hoffnungen in die finstere Schlucht des über sie verhängten Unheils stürzen mußte! Abel war der erste, der sich aufraffte. Fast heiter und völlig ruhig sagte er: ,, Meine Ahnung war richtig, ich bin froh, daß ich es nun weiß, und daß man Gertrud und mich zusammen gehen läßt." Wir drei anderen hatten große Mühe, unsere Fas­sung zu bewahren. Aber wir mußten uns zusammenneh­men, die dreiundachtzig Betroffenen im Heim hatten ein Recht darauf, so schnell wie möglich zu erfahren, was über sie verhängt war. Rasch lasen wir die für uns bestimmten Anordnungen durch. Dienstag und Mittwoch sollten die Menschen aus dem Heim in das Sammellager nach Mil­ bertshofen gebracht werden. Jeder sollte für drei Tage Proviant bekommen, an Gepäck durfte jeder fünfzig Kilo­gramm mitnehmen, verteilt auf je einen Koffer, einen Rucksack oder eine Reisetasche und eine Deckenrolle. Kei­ner der Beteiligten durfte bis zum Abtransport ins Sammel­lager das Heim verlassen. Wir beschlossen dann, daß der Hauptlehrer den Männern und ich den Frauen den Schicksalsschlag( Uriasbrief mußte ich denken!) mit­teilen sollten. Abel wollte es Gertrud Lind, die noch in der Küche arbeitete, sagen und fragte mich, ob es möglich wäre, sie diese letzten Tage im Heim woh­nen zu lassen, was er ihr vorschlagen wollte. Es wäre sicher leichter für sie, als wenn man sie von der Pension, in der sie wohnte, abholen würde. Selbstverständlich be­jahte ich, Gertrud könnte bei mir im Zimmer schlafen. Mit der Belegung der Betten in meinem Zimmer waren wir übereingekommen zu warten, bis alle anderen Räume voll besetzt wären.

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