sich um interne Verwaltungsangelegenheiten bei der Besprechung gehandelt habe. Deutlich sah ich auf den meisten Gesichtern den Unglauben, ja die Enttäuschung geschrieben, als ich meine unbefriedigende, kurze Antwort gab. Da kam Brader auf mich zu, derselbe, der mich vor drei Tagen nach der Wahrheit des Gerüchts gefragt hatte, und sagte lachend: ,, Gott sei Dank, daß es sich nur um Verwaltungsdinge gehandelt hat, mir ist ein Stein vom Herzen gefallen! Wissen Sie was, Frau Doktor, nun müssen Sie mit mir die schon lang versprochene Partie, Dame' spielen, jetzt können wir es beide ruhigen Mutes!" Schnell gefaßt, stimmte ich ihm bei. Als wir uns im Aufenthaltsraum an einem Tisch allein gegenübersaßen, außer Hörweite der übrigen Insassen, sagte er ruhig: ,, Ich sah Ihnen an, daß Sie Schlimmes erfahren haben, wahrscheinlich aber nichts davon sagen dürfen. Wenn man Sie nun hier in aller Ruhe mit mir , Dame spielen sieht, wird sich die Aufregung am schnellsten legen." Kannst du verstehen, wie dankbar ich diesem einfachen Mann war und wie erleichtert ich mich fühlte? Ich habe miserabel gespielt, aber darauf kam es ja nicht an. Allmählich kam sogar so etwas wie eine Unterhaltung zustande, und auf die anderen Menschen mußten wir beiden Spielenden und miteinander Plaudernden wirklich sehr harmlos und beruhigend wirken. Später ging ich dann ins Büro, wo inzwischen Heilbronner Abel mitgeteilt hatte, was wir erfahren hatten. Abel erklärte mir: ,, Sie sollen sehen, ich bin dabei, und wenn nur Gertrud Lind"- die für unser Heim kocht, und mit der er verlobt ist ,, auch dabei ist, habe ich gar nichts dagegen. Ich bin überzeugt, daß beabsichtigt ist, sämtliche Juden nacheinander zu deportieren. Es ist mir lieber unter den ersten zu sein, als ständig auf diesen Schlag warten zu müssen. Hoffentlich bekommen wir bald die genaue Mitteilung." Das letztere war auch mein Wunsch, er sollte uns schnell erfüllt werden.
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Schon am Mittag des kommenden Tages, einem Sonntag, kam ein Bote von der Gemeinde mit dem Deportations
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