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rend ich sonst schon reichlich Gelegenheit hatte, meine ver­mittelnde Tätigkeit, von der ich oben sprach, auszuüben: Wir wünschen nicht, den militärischen Ton, der in Milbertshofen herrscht vielleicht bei der so viel größeren Insassenzahl und unter den schwierigeren Verhältnissen herrschen muß, bei uns einzuführen. Unser Heim soll, bei aller notwendigen Straffheit und Energie, mit Freundlichkeit, Geduld und Verständnis für die Individualität der Einzel­nen geführt werden. Heilbronner sagte sehr richtig: ,, Man soll uns niemals nachsagen, wir hätten uns zu Handlangern der Partei gemacht. Wir sind ihr verantwortlich für Sau­berkeit, Ruhe und Ordnung, unseren Leuten aber insoweit noch mehr verpflichtet, daß wir alles tun, um ihr schweres Los so leicht wie möglich zu machen." Wir stimmten ihm alle ohne Vorbehalt zu.

Berg a. Laim, Sonntag, den 17. August 1941 Mit unseren drei Geschäften, die Heilbronner und ich zu Beginn der vergangenen Woche aufsuchten, sind wir nun zu einer vernünftigen Regelung gekommen. Sehr gut gefaller. uns unser Metzger und der Butter-, Milch- und Eierliefe­rant; mit ihnen wird alles reibungslos gehen. Der Kolonial­warenhändler, der uns auch Gemüse liefern soll, ist weniger angenehm, er scheint am meisten nationalsozialistisch an­gehaucht zu sein, außerdem geschäftlich ziemlich passiv, aber auch mit ihm wird es einen Modus vivendi geben, bösartig ist er nicht. Für alle drei bedeutet unser Einkauf eine große Mehreinnahme, bisher waren sie nur auf die Einwohner der nicht großen Siedlung angewiesen. Befürch­tungen haben sie allein wegen der vermehrten Arbeit des Stempelns der einzelnen Lebensmittelkarten, worauf wir ihnen den Vorschlag machten, ihnen diese Arbeit abzuneh­

9 Behrend, Ich stand nicht allein

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