-

-

mehr erschreckte, ist, daß auch sogenannte ,, jüdische Häuser", wenn es dem Stellvertreter des Gauleiters in der Widenmayerstraße so paẞßt, plötzlich geräumt werden müs­sen. So mußte ein solches Haus in der Goethestraße schleu­nigst von allen Insassen verlassen werden. Eine unserer Angestellten hatte dort noch eine kleine Wohnung, d. h. sie selbst bewohnte noch ein Zimmer allein, die anderen waren weitervermietet. Im letzten Augenblick fand sie Unterkunft in einer natürlich ,, arischen" Pension in der Landwehrstraße. Aber wir haben Anzeichen dafür, daß es bald noch schlimmer kommen wird. Vor kurzem sind durch den Obersturmführer Muggler im Auftrage des Stellvertreters des Gauleiters eine ganze Anzahl jüngerer jüdischer Männer nach einem Ort in der Nähe des Tegern­sees geschickt worden, um die für die damals illegal über die Grenze flutenden, heimlich der SA. angehörigen Oester­reicher aufgestellten Baracken abzubauen, zu verladen und sie in der Fabrikvorstadt Milbertshofen, die zu München gehört, wieder aufzustellen. Wir nehmen an, daß sie als künftige Unterkunft für die Münchner Juden dienen sollen, ein neues, echtes Ghetto!

Außerdem hat man von der gleichen Stelle aus allmäh­lich alle jüdischen Männer bis zu sechzig Jahren zur Arbeit in verschiedenen Fabrikbetrieben eingesetzt und beginnt nun, die Frauen, zunächst die bis zu fünfzig Jahren, gleichfalls zur Fabrikarbeit zu holen. Die jüngeren steckt man in Rüstungsbetriebe, die älteren beschäftigt man in anderen Betrieben mit leichterer Arbeit.

Isartal, Sonntag, den 27. April 1941

Gestern erhielt ich die telegraphische Mitteilung meiner Schwester Käthe aus Argentinien , daß die ,, Llamada", d. h. die Einreiseerlaubnis für Argentinien , per Kabel an das

109