Badens hatte ihren Mann vor etwa vierzehn Tagen ins Mannheimer Krankenhaus bringen müssen. Am 23. Oktober sollte er entlassen werden. Sie selbst wollte ihn an diesem Tage abholen und heimbringen. In der Zwischenzeit hatte sie einen Bruder in Stuttgart besucht. Als sie am 23. Oktober nach Mannheim kam, mußte sie erfahren, daß man ihren Mann abtransportiert hatte! Alle ihre Bitten bei den ver- schiedenen Behörden, sie ihm folgen zu lassen, halfen nichts, man wies sie kurz ab. Nun hat sie ihre letzte Hoffnung auf uns gesetzt: auf den Knien flehte sie mich an, alles zu ver- suchen, um ihr die Reise zu ihrem Mann und vielen ande- ren Verwandten zu ermöglichen. Wir werden natürlich alles tun, was möglich ist, aber ich habe nicht viel Hoff- nung. Der Gestapo -Inspektor, mit dem ich häufig zu tun habe, und der sich immer korrekt und anständig benommen hat, versprach mir, mit dem Mannheimer Kollegen zu tele- phonieren. Ich soll mir morgen Antwort holen.(Anmer- kung vom 30. Oktober 1940: Es ist wirklich geglückt, Frau K. darf zu ihrem Mann!)
Isartal, Sonntag, den 10. November 1940
Wir haben inzwischen direkt und indirekt Nachrichten von den deportierten Badensern bekommen. Sie sind im Camp de Gurs , Departement Bas-Pyren£es, einem Lager, das ursprünglich für die im Bürgerkrieg über die Grenzen strömenden Spanier aus Baracken notdürftig errichtet wurde. Wir erfuhren ferner, daß ursprünglich die franzö- sische Regierung sich bereit erklärt hatte, die im Elsaß und in Lothringen ansässigen drei- bis viertausend Juden ins unbesetzte Frankreich zu übernehmen. Man hatte ihnen, ohne weitere Verständigung, die zirka fünftausend Juden aus Baden und der Pfalz einfach mitgeschickt! Selbstver-
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