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stände betrauen kann, aber auch solcher, die besonders be­dürftig sind. Wir haben auch um ein Verzeichnis der wich­tigsten zu schickenden Gegenstände gebeten. Doch haben Annemarie, die Quäkerin, und ich inzwischen schon eine Liste der uns besonders nötig erscheinenden Sachen aufge­stellt. Zunächst traf uns die Nachricht der Reichsver­einigung, daß es der Kultusgemeinde als solcher verboten sei, den Deportierten etwas zu schicken, wie ein Schlag. Sehr rasch aber fanden wir einen Ausweg. Wir werden privat sammeln, Emmy K. und ich wollen ,, privat" in un­serem Büro die Sachen sichten, verpacken und sie mit pri­vaten Absendern versehen auf die Post, möglichst auf ver­schiedene Postämter, geben. Zum Abwägen der Päckchen bekamen wir eine gute, handfeste und recht genaue Küchen­Woche über fand ich morgens, wenn ich wage. Die ganze ins Büro kam, auf meinem Schreibtisch ein buntes Waren­lager vor, unser Büro wird nur noch der, polnische Tietz" genannt! Es ist wirklich wunderbar, was wir alles zusam­menbekommen. Ich habe unsere Liste der benötigten Ge­genstände in allen Büros kursieren lassen, und alle Ange­stellten werben nun in ihrem Bekanntenkreis. Am schwie­rigsten ist die Aufbewahrung. Wir haben einen unserer bei­den Schreibtische völlig leer gemacht und einen Schrank in unser Büro stellen lassen. Daneben haben wir eine große Kiste für die Kleidungsstücke, die wir in der Kleiderkam­mer unterbringen. Mehrere alte Herren haben sich für den Transport der Päckchen zu den verschiedenen Postämtern zur Verfügung gestellt. Einer von ihnen machte noch ein besonders nettes Angebot: Er wolle uns alles Packpapier und alle Schnur liefern, die wir benötigen, und das ist nicht wenig, wenn die Sache erst richtig im Gange ist. Ich möchte pro Tag gern etwa zehn Päckchen zu zwei Kilo schicken. Daß auch das selbstverständlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, darüber bin ich mir vollkommen klar, doch muß erst bei uns die Angelegenheit richtig laufen, bis wir daran gehen können, Menschen in anderen Gemeinden mo­

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