erworben. Ich hoffe, das genügt, um mein Interesse an wissenschaftlicher Lektüre zu begründen.‘„Selbstver- ständlich, gnädige Frau, und Sie haben nun begriffen, warum ich Sie zu mir bitten ließ und Ihnen diese Fragen stellen mußte. Wir werden Ihnen gleich heute eine Leih- karte auf Ihren Namen ausstellen lassen. Wem Sie in Ihrer Familie die Bücher geben, geht uns nichts an. Übrigens können Sie zum Holen und Bringen der Bücher schicken, wen Sie wollen, natürlich auch Ihren Gatten. Wir hoffen, das häßliche Plakat am Eingang bald wieder fortnehmen zu dürfen, aber selbst wenn das nicht der Fall wäre, hat das für niemand, den Sie schicken, Bedeutung. Noch eins: Sollten Sie oder Ihr Gatte hier einmal nicht mit der unter anständigen Menschen üblichen Höflichkeit behandelt werden, so bitte ich, mir das sofort zu melden— wir sind entschlossen, das hier unter allen Umständen nicht zu dulden!“ Die Erfahrungen der letzten Tage, die vor Gehässigkeit strotzenden Zeitungsartikel, die Ankündigung der Vermögensabgabe als„Sühne“ für den Mord in Paris , die Verhaftungen und alles, was damit zusammenhing, die „Arisierung “ aller jüdischen Geschäfte, hatten uns von neuem unser Pariatum so eingehämmert, daß man es kaum mehr fassen konnte, als ein den„Ariern“ gleich- wertiger Mensch behandelt zu werden. Ich konnte nur einen kurzen Dank stammeln, nur mühsam meine Fassung bewahren. Und wie gern hätte ich ausgedrückt, was es für Dich bedeutete, Deine Arbeit nicht abbrechen zu müssen, sondern sie ohne Behinderung weiterführen zu können! Ich habe nicht vergessen, wie Du Dich freutest, als ich Dir die Erlaubnis berichtete, und ich habe es so ausführlich niedergeschrieben, weil es zeigt, daß selbst die Beamten dieser Regierung durchaus nicht alle ihre Maßnahmen billigten und sie milderten, wo sie konnten, wenn sie sich auch nicht offen dagegen aufzulehnen wagten. Die Spekulation, die Gewalttaten gegen die Juden in den Novembertagen des Jahres 1938 als spontanen Ausbruch
78


