als wenig geeigneten Daueraufenthalt bezeichnet und Dr. Werner nach einem angemesseneren Quartier gefragt hat­test. Er nannte uns die Villa Romana, die der Witwe eines jüdischen Arztes gehörte und die sehr schön und ruhig am Kurpark gelegen war. Auch ich hatte nichts dagegen, aus Hotel Bavaria auszuziehen. Wohl waren die Wirtsleute sehr freundlich, das Haus selber sauber, die Kost gut und unser Zimmer völlig ausreichend, aber seine Lage gefiel mir nicht; ein Zusammentreffen mit Frau Winterling oder ihrem Hausmeister lag zu sehr im Bereich der Möglichkeit. - Die Kinder jubelten, als sie Dich wiedersahen, und Resis Eltern freuten sich mit uns. Der Umzug war schnell voll­zogen. Wir waren eine fröhliche Gesellschaft, die sich auf dem Balkon vor unserem Zimmer am Sonntagnachmittag versammelte; auch wir beide freuten uns dankbar des Zu­sammenseins, wenn wir auch wußten, daß mit Deiner Haft­entlassung die Angelegenheit keineswegs erledigt war. Aber wir waren wieder vereint, und das war uns im Augen­blick das Wichtigste!

Am nächsten Morgen ging ich mit den Kindern auf die Polizei, um den Wohnungswechsel zu melden und um­schreiben zu lassen, und Du gingest zu Dr. Werner, um in aller Ruhe und Ausführlichkeit alle Schritte zu besprechen, die in der Sache weiter getan werden mußten. Zum Mittag­essen fanden wir uns wieder zusammen. Du hattest Dr. Werner mitgebracht, was mich etwas erstaunte. Sehr schnell merkte ich, daß irgend etwas Neues geschehen sein mußte. Das Essen verlief ziemlich still, ich schickte sofort danach die Kinder zum Spielen in den Garten und bat um Aufklärung. Und es traf mich wie ein Blitz: Die Haftbe­stätigung war gekommen! Regierungsrat von B. hatte es Dr. Werner telephonisch mitgeteilt, während Du bei ihm in der Kanzlei warst, und verlangt, Du solltest sofort ins Gefängnis zurückkehren. Dr. Werner hatte schließlich er­reicht, daß Du spätestens bis sieben Uhr abends im Ge­fängnis sein müßtest, wenn die Versuche Dr. Werners, die

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