zu Herrn Regierungsrat von B., der sich ganz begeistert darüber äußerte und ausrief: ,, Es gibt also doch noch an­ständige und mutige Menschen in Deutschland !" Er wolle das Original sofort dem Sondergericht nach München ein­senden, anderseits Dir gern die Freude machen, das Zeug­nis zu lesen, und schlüge mir vor, es schnell abzuschreiben, was ich gern tat. Herrn Dr. Werner brachte ich das Te­legramm, und wir kamen überein, daß ich Herrn Landes­gerichtspräsidenten Zahn schreiben solle, wir wollten noch warten, ihn zu uns zu bitten, ich würde ihm telegraphieren, wenn Herr Dr. Werner sein Kommen für nötig hielte.

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Am nächsten Sonntag, einem herrlichen Sommertag, saß ich mit den beiden Kindern im Garten, als ich ans Te­lephon gerufen wurde. Dr. Werner fragte an, ob ich gleich zu ihm in die Kanzlei kommen könnte. Selbstverständlich sagte ich zu, nicht ohne ängstlich zu fragen, ob mich etwas Schlimmes erwarte. Lachend verneinte er. Ich beschwor die Kinder, ruhig im Garten sitzen zu bleiben und ja nicht auf die Straße zu gehen, was sie versprachen, dann lief ich, so schnell ich konnte, nach Reichenhall hinunter. Ganz atemlos kam ich in die Kanzlei und prallte fast zurück: Äffte mich ein Traum? Aber nein, Du standest wirklich vor mir! Ich konnte mich kaum fassen vor Freude! Wie war diese unerwartete Entlassung möglich gewesen? Dr. Werner erklärte mir, daß in Bayern innerhalb von acht Tagen für Schutzhäftlinge eine Haftbestätigung vom Amtsgericht ein­laufen muß, die Herr Regierungsrat von B. seit Donners­tag von Berchtesgaden erwartete. Dr. Werner drang auf Entlassung, und die beiden Herren einigten sich dahin, wenn bis Sonntag früh, also bis zum zehnten Tage, die Haftbestätigung nicht käme, sollte Dr. Werner Dich aus dem Gefängnis abholen.

Ich weiß heute noch, daß ich von Freude so überwältigt war, daß ich sie nicht äußern konnte! Wir gingen zu den Kindern und trafen sie mit Resis Eltern im Garten des Hotels, das Du sofort wegen der Nähe von Frau W.'s Haus

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