den sich nur ängstigen. Gustel würde in etwa vierzehn Tagen zu uns kommen, da dann ihre Ferien anfingen, und sie würde dann noch früh genug alles erfahren.—
Ich muß für heute aufhören zu schreiben, mir tut die Hand weh, aber es stand alles wieder so zum Greifen lebendig vor mir! Ich lief wieder die sonnenheißen Straßen Reichenhalls entlang, ohne einem Menschen ins Gesicht zu sehen, die uralten steinernen Mauern des Bezirksamtsgebäudes umfingen mich wieder mit ihrer nach der Hitze draußen geradezu erschreckenden Kühle und Dunkelheit, ich saß mit Peter und Hanna in dem kleinen Vorgarten des Hotels Bavaria gegenüber dem Bahnhof Kirchheim, hörte die Züge vorüberfahren und den Pfiff der Lokomotiven. Ich sah mich die kleinen Obliegenheiten des täglichen Lebens wie ein Automat erledigen, denn meine Gedanken beschäftigen sich unaufhörlich mit Dir und allem, was der Förderung der Sache dienen konnte. Doch es ist spät in der Nacht, aber morgen brauche ich nicht in die Stadt. Ich soll mich erst Ende der Woche wieder melden.-
Isartal, den 4. September 1939
Es läßt mir keine Ruhe, ich muß so schnell wie möglich die Schilderung dessen beenden, was wir im Sommer des Jahres 1934 erlebten, die Bilder aus dieser Zeit haben mich heute nacht nicht schlafen lassen. Ich glaube, es wird mir leichter werden, wenn alles auf dem Papier steht. So bin ich jetzt um diese arbeitsfreien Tage froh und will sie ordentlich ausnutzen.
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Am Sonntag es war der 10. Juni 1934 wurde mir von der Wirtin der Besuch einer Frau gemeldet. Ich erschrak zuerst, ich konnte mir nicht denken, wer zu mir kommen könnte. Ich ließ die Kinder oben im Zimmer und
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