ihn mit gutem Gewissen empfehlen kann, hoffentlich über­nimmt er das Mandat." Nachdem er mir noch allerlei Me­dikamente, auch Kolapillen und ein wirksames Schlafmittel gegeben hatte, verabschiedete ich mich dankend.­

Das Verhör am nächsten Morgen enthüllte mir die ganze Schwere der Anklage, die von Frau Winterling gegen Dich erhoben war. Nun verstand ich, daß es um Kopf und Kragen ging! Du solltest Behauptungen aufgestellt und Schimpfworte gegen das Regime und Hitler persönlich ge­braucht haben, die Dir nach den geltenden Bestimmungen die Todesstrafe oder zum mindesten viele Jahre Zucht­haus einbringen mußten, sollten sie von Gerichts wegen Dir zugeschrieben werden. Daneben wurden wir beide der Ausbeutung und der schlechten Behandlung unserer Haus­angestellten angeklagt. Meine Vernehmung dauerte drei Stunden, das Abfassen des Protokolls bereitete besondere Schwierigkeiten. Unser alter Wachtmeister O. vernahm mich. Ich konnte mit gutem Gewissen alle Anschuldigun­gen als unwahr zurückweisen, wußte bei einigen auch, wie sie durch Uebertreibungen und Verdrehungen dessen, was Du wirklich geäußerst hattest, zustande gekommen waren. Aber wenn Herr O. seine Sätze für das Protokoll formu­lierte, mußte ich oft erklären, daß sie nicht genau dem entsprachen, was ich gesagt oder gemeint hatte. Schließ­lich schlug ich ihm nach einigen vergeblichen Absätzen vor, selbst das Protokoll zu diktieren, womit er sich seufzend einverstanden erklärte.

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Uebrigens hatte ich am Morgen bei der Abgabe eines Briefes für Dich kurz Herrn v. B. gesprochen. ,, Haben Sie keinen arischen Bekannten", fragte er ,,, der Fühlung mit den Nationalsozialisten hat und ein Zeugnis für Sie ablegen kann? Er müßte nicht nur glaubhaft machen, daß Ihrem Manne solche Schimpfworte, wie sie ihm vorgeworfen wer­den, kaum zuzutrauen sind, sondern es müßte auch allge­mein etwas über Ihr Familienleben und besonders über Ihr Verhältnis zu Ihren Hausangestellten darin enthalten sein."

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