gebracht sein mochtest, ob Du ruhig und gefaßt sein wür­dest oder voller Unruhe und Verzweiflung! Und warum hatte man Dich überhaupt verhaftet? Was für ein Lügen­gewebe mochte von unseren Feinden gesponnen worden sein, um uns zu vernichten! Sah es nicht ganz so aus, als sollte es ihnen glücken? Aber ich wollte kämpfen, wollte alles tun, was möglich war, um das schlimmste Unheil ab­zuwenden! Doch was konnte ich ausrichten? Immer von neuem wälzten sich diese Gedanken durch mein Hirn. Ich hörte das ruhige Atmen der Kinder durch die offene Tür, auch Frau G. schlief ruhig. Wie lang war die Nacht! Vier­telstunde für Viertelstunde hörte ich schlagen und war froh, als das erste Morgengrauen durch die Fenster schien. Ich mußte Frau G. wecken, damit sie nicht wieder ihren Zug verpaẞte. Wir verabschiedeten uns sehr herzlich von einander, der vergangene Tag hatte unsere Freundschaft noch befestigt.

Nach dem Frühstück ging ich mit den Kindern, die einen Teil ihrer Frische wiedergefunden hatten, zum Be­zirksamt, in dem sich auch das Gefängnis und das Amts­zimmer des Regierungsrats von B. befanden, dem die Schutzhäftlinge unterstellt waren. Nach einigem Warten. wurde ich vorgelassen. Er empfing mich sehr höflich, konnte mir aber nur sagen, daß eine äußerst schwerwie­gende Anzeige vorliege. Eine weitere Auskunft zu geben, sei noch nicht möglich, da Du noch nicht vernommen seiest. Ob ich bereit wäre, gleichfalls auszusagen? Ich sei berechtigt, die Aussage zu verweigern. Ich antwortete ihm, daß dazu keinerlei Anlaß vorhanden sei, ich wolle gern aussagen. Dann möge ich mich bereit halten, ob es aller­dings heute noch möglich wäre, sei sehr zweifelhaft. Zum Schluß fragte er: Wie konnten Sie beide nur so unvor­sichtig sein? War Ihnen nicht bekannt, in welchem Rufe Frau Winterling in ganz Reichenhall steht?" Ich verneinte erstaunt und sagte ihm, daß wir gänzlich fremd zu ihr gekommen wären und mit keinem Menschen in Reichen­

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4 Behrend, Ich stand nicht allein

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