mietet und unsere Gustel, die Aelteste, die noch anderthalb Jahre bis zum Abitur die Berliner Schule besuchen sollte, bei Verwandten untergebracht worden. Die beiden Klei­nen gingen seit dem 1. September in die Volksschule, wo sie zunächst von den Dorfkindern, die sie ja von gemein­samen Spielen her gut kannten, freudig aufgenommen wurden. Aber es sollte nur eine Atempause sein, die uns vergönnt war.

Schon Ende Oktober 1933 fiel mir auf, daß die Kinder stiller waren als gewöhnlich und nichts mehr von der Schule erzählten. Auch die Dorfkinder, deren einige immer Peter und Hanna zum gemeinsamen Schulweg abgeholt hatten, blieben aus. Als dann noch eines Tages Peter mit einer kleinen blutenden Wunde am Kopf heimkam und auf unser Befragen sehr verlegen antwortete, er sei ge­fallen, nahm ich mir nach dem Essen beide Kinder allein vor. Ich bekam bald heraus, was geschehen war. Hanna begann zu schluchzen, und Peter, der Zwölfjährige, hielt nur mit größter Mühe seine Tränen zurück. Und dann sprudelte es aus ihnen heraus, daß der Lehrer von Anfang an unfreundlich zu ihnen gewesen sei, daß er angefangen habe, täglich auf die Juden zu schimpfen, daß er auf sie gewiesen und gesagt hätte: ,, Die beiden sind auch Juden, wollen wir so etwas unter uns dulden? Ihr müẞt Euch eben wehren gegen sie." Die Kinder hätten dann auf dem Schulweg hinter ihnen her geschimpft und mit Steinen nach ihnen geworfen, und heute seien mehrere von ihnen über Peter hergefallen und hätten versucht, ihn in die Ache zu werfen. Dabei sei er gestürzt und habe sich die kleine Wunde am Kopf geholt. Da gerade Leute vorbei­kamen, wären die Buben davongelaufen. Sie hätten uns nichts von ihren Nöten sagen wollen, sie wüßten doch, daß wir Sorgen genug hätten, und sie wären so gern allein damit fertig geworden. Ich beruhigte sie beide, indem ich ihnen sagte, daß auch ältere Kinder als sie damit nicht allein hätten fertig werden können. Mit diesem Geschehnis

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