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müffen, die uns das koftbare Gut der Freiheit wiedergeben, das die eigenen Volksgenoffen uns geraubt haben; und da ift auch ganz anderer Klang- irgendwo ein ganz leifes Verwundern( oder muß ich es gar Bedauern nennen?), daß nun plötzlich und unwiderruflich die Zeit der Prüfung vor bei ifthat fie geleiftet, was fie an Reinigung, Läuterung, neuer Kraft fchenken follte?

Da ift endlich foviel haltlofe Menfchlichkeit, daß man mit einem Schlage weiß: auch schwere gefchichtliche Kataftro­phen tragen noch nicht in fich felbft die Kraft zur Erneu erung, es liegt eine Welt zwifchen einem Zufammenbruch, der fchickfalhaft abrollt, und dem läuternden Feuer gottge wirkter Erneuerung. Diefe Menfchlichkeit fchäumt auf, un gewiß, verwirrt, kleinlich, häßlich, fehnfüchtig, für einen Au genblick beherrschen die Kreaturen die Stunde. Sie find alle " politifch", fie haben alle eine dunkle Erwartung von einer Freiheit, es muß anders werden, fie haben gelitten, ihnen ist Unrecht gefchehen, jetzt muß der Tag der Freiheit kommen und der Weg in das Leben tut fich wieder auf.

Bei den politifchen Kleinbürgern mag das noch hingehen. Sie haben in der Tat unter dem Dritten Reich gelitten, harm lofe Schwarzhörer, die ein hämifcher Nachbar denunziert hat, wackere Handwerker und kleine Kaufleute, die im Raufch geringfchätzige Bemerkungen über die Großen des Reiches gemacht haben; aber da find auch die zweifelhaften Geſtal ten, die nur darum wegen Unterfchlagung oder Urkunden fälfchung oder anderer Dinge verurteilt find, weil angeblich der Ortsgruppenleiter oder fonft jemand fie, erledigen" wollte wirkt da nicht die unverhohlene Unverfchämtheit faft fympathisch, mit der ein ganz Naiver erklärt, er habe nur deswegen eine große Kifte mit Champagner geklaut, weil er fchon immer gegen Adolf Hitler war? Man muß

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