tes von feinem kümmerlichen Lager erhebt. Das kennen zu lernen hatte ich noch ganz unvermutete Gelegenheit, und von da aus gefehen, hätten die amerikaniſchen Truppen nicht viel später ankommen dürfen.

Diefem Schlußereignis aber eilte nun die Entwicklung wie ein Sturzbach zu.

Es hatte fich kaum gelohnt, daß ich mich in der gepriefenen Einfamkeit meiner Zelle einzurichten verfuchte. Ich mußte Blechhalter für Hindenburglichte zurechtbiegen. Mit Hilfe eines ingeniöfen Rationalifierungsverfahrens- zu was alles hat man nicht in der Zelle Zeit!- hatte ich es dahin gebracht, daß ich mein Tagespenfum in wenigen Stunden abfolvierte und im übrigen Zeit zum Nachdenken und später auch zum Lefen hatte. Aber aus beiden wurde immer weniger, je her die Front rückte. Die Tagesangriffe der Flieger, vor allem der Tiefflieger, nahmen zu; fchließlich war mit Ausnahme weniger Morgenstunden Daueralarm. Bald vernahm das Ohr auch die knapperen, fchärferen und in mancher Hin ficht gefährlicheren Einfchläge der Artillerie die letzte Szene des letzten Aktes hatte begonnen.

Es wurde immer geifterhafter.

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Ein Gefängnisbeamter ſprach, als der Tod Rooſevelts be kannt wurde, über ihn als den größten Kriegsverbrecher aller Zeiten" und verfuchte zu fchildern, was uns blühen würde, falls unfer Widerftand erlahmen würde- drei Tage vor der Eroberung Nürnbergs !-, draußen ftanden, deut lich erkennbar, die letzten deutfchen Vorposten und eine zäh kämpfende leichte Batterie, ein Granatenvolltreffer zer fchlug die Schreinerei, eine Holzbaracke unmittelbar unter meinem Zellenfenfter, noch wurden abends im Gefängnis hof Erfchießungen vorgenommen- ich wußte damals noch nicht, daß Dietrich Bonhoeffer wenige Tage vor uns von hier

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