arbeiter, der eine Flasche Wein, organifiert" hat( wirklich nur eine), verftehen, daß er dafür zu einem Jahre Gefängnis ver urteilt wird, während um ihn herum im Kleinen und noch mehr im Großen„ organifiert" wird? Der Chriftenmenfch weiß es auch nicht.
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Wo die ftaatliche Rechtsordnung zur bloßen Konvention oder zum Machtinftrument einer kleinen herrschenden Kafte ges worden ist, hat fie überhaupt keine Kraft mehr. Nicht ein mal im äußerlichen Sinne. Keine, drakonifche" Maßnahme kann die Schickfalsftunde des Dritten Reiches aufhalten. Was rum nicht? Schon der kluge, kühle Heide Voltaire hat es ge wußt:„ Es gibt ein Ding in der Welt, das mächtiger ift als alle Heere der Machthaber: eine Idee, deren Zeit gekommen ift". Da das Dritte Reich nicht wahrhaft fozialistisch, fondern im Grunde feines Wefens kleinbürgerlich war, hat es diefen Sachverhalt nie begriffen; es hielt feine drakonifchen" Maß nahmen für wirkungsvoll, weil es die Wirkungen an den furchtfamen, willfährigen und unterwürfigen Bürgern ab las. Aber die gefchichtliche Stunde des Bürgers war im Drit ten Reich schon vorbei, oder feine Sendung war zum min deften auf das Tieffte bedroht, weil er in der Verdiesfeiti gung und damit in der Selbftfucht verfunken und darum keines Opfers mehr fähig war. Und noch weniger vermochte der Strafvollzug des Dritten Reiches im tieferen Sinne zu wirs ken, weil er nicht neugeftalten konnte. Diktaturen können ihrem Wefen nach, als die höchfte Vollendung des Macht ftaates, niemals werbend, miffionierend, überzeugend wir ken. Sie können nur fafzinieren oder zermalmen. Genau das pflegten fie mit zynifcher Offenheit felbft zu fagen. An diefer Stelle geht dem betrachtenden Chriftenmenfchen, der da am Gitterfenfter ſteht, die fchwächfte und bedenk lichfte Stelle jeglichen Strafvollzuges auf. Er steht unter dem
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