über die völlige Nutzlofigkeit des Strafvollzuges, die ich mir wiederholt gemacht hatte, kehrten wieder, und wie ein trü bes Traumbild ftieg, als ich erft wieder in der Einfamkeit meiner Einzelzelle faß, jene Szene aus der Lehrter Straße vor meinem geistigen Auge auf, die mich zuerft zu diefen Erwä gungen veranlaẞt hatte.

Da fteht ein Chriftenmenfch, an das vergitterte Fenſter fei ner Zelle gelehnt, und fieht, wiewohl es verboten ift, auf den noch morgentrüben Gefängnishof, wo andere Leidensge fährten"( pazieren geführt werden, in konzentrifchen, fich gegeneinander bewegenden Kreifen, wie ein Uhrwerk im mer um den Hof herum, immer herum. Was fich da unten in der grauen, nebligen Atmoſphäre eines äußerft unfreund lichen Wintertages abfpielt, das ist noch durch eine Welt von ihm getrennt, es ift richtige Kriminalität. Der Chriftenmenfch wundert sich, daß unter folchen Lebensbedingungen wie den feinen diefer Unterfchied doch noch ins Bewußtfein tritt, denn zu den Verdächtigten und Geächteten gehört erja nun auch. Wenn er dies Schauſpiel da unten lange genug auf fich hat wirken laffen, diefe mechanisch herumwandernden Menfchen, die Stumpfheit ihres Gefichtsausdrucks, das Ge brüll ihres Auffehers, der eine Stimme hat wie eine Nerven fäge, dann kommt er zu dem kategorifchen Schluß, daß die fer Strafvollzug nur die Fortfetzung der Verbrecherlaufbahn mit andren Mitteln ift.

Es find vielerlei Erwägungen, die ihn zu diefer trüben Schluß­folgerung verleiten.

Es ift alles gut und fchön, was man von Gerechtigkeit und Sühne fagt; aber wenn folche Begriffe wirken follen, fetzen fie eine Gemeinfchaftsordnung voraus, die felber noch ge fund und durch folche Richtpunkte beſtimmt ift. Aber wo gibt es das jetzt- 1944? Wie foll ein franzöfifcher Zwangs

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