troftlofen Düfternis der Berliner Gefängnistore. Das Gebäu de war bayrisch, nicht häßlicher preußischer Ziegelbau, fon dern von jenem füdlichen Sandſtein, der immer einen war men, mattroten Ton hat. Die Zucht schien auf den erften Blick fauber und ordentlich- was für gute Monturen hatten die Ge fangenen im Vergleich zu unfern Tegeler Lumpen! In diefem Gefängnis war auch die Zelle, in der einft Julius Streicher , der, Frankenführer", gefeffen hatte; als wir es betraten, konn ten wir nicht ahnen, daß wenige Monate ſpäter Göring und andere Große des Dritten Reiches hier ihren letzten irdischen Aufenthalt nehmen follten. Für die Zwifchenzeit vermehr­ten wir nun auf unfere befcheidene Weife die hiftorische Be deutung diefes Ortes. Neue Weifungen über uns find nicht aus Berlin eingegangen und nun auch wohl nicht mehr zu erwarten; wir werden daher vorerst in den normalen Straf vollzug eingereiht.

Der Aufenthalt im Nürnberger Gefängnis hat mich mit einer unvermuteten und nicht erfreulichen Erkenntnis be fchenkt: wie graufam auch die geordnete" Juftiz in der Strafvollstreckung fein kann, wenn fie zur gedankenlofen, fchematischen Routine wird. Hier wirkten altgediente Juftiz wachtmeifter, fämtlich Bayern , aber die meiſten von ihnen pedantisch und uneinfichtig wie nur je ein Preuße". Je weni ger der Strafvollzug zu individualifieren vermag, defto grau famer wird er. Aber auch um fo nutzlofer.

Da im ,, Hausgefängnis" der Geftapo ohnehin keine Regel galt, blieb auch die tägliche Willkür ohne fonderlichen Ein druck auf mich; fie war einfach die Atmoſphäre, in der wir lebten, und ich war nicht naiv genug, etwas anderes dort zu erwarten. Hier aber erbitterte es mich täglich, daß unter dem Vorgeben ftrenger, unperfönlicher Gerechtigkeit lauter zu fätzliche Graufamkeit gefchah. Die refignierten Gedanken

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