beiden begleitenden Polizeimeiſter zu: Bitte erklären Sie!" - worauf er erklärt und der Andere fich verlegen ftammelnd fetzt.

In Leipzig ift genau um Mitternacht Fliegerarlarm. Es iſt fchon alles fo vollſtändig desorganiſiert, daß man diefen Zug mit fchätzungsweife taufend Menfchen einfach in der faft zer ftörten Bahnhofshalle ſtehen läßt. Da in der Dunkelheit nur wenige fich wegzugehen getrauen, da die meiſten weder ihr Gepäck noch ihren mühfelig errungenen Platz im Zuge preis geben wollen, bleiben fie einfach, hilflos, wehrlos, fo wie dies ganze Volk in diefen Wochen fein Schickfal als unab änderlich hinzunehmen fich gewöhnt hat; es gibt keine Brücke mehr zwifchen der amtlichen Heldenhaftigkeit der Propaganda und diefen bitteren Realitäten. Man ergibt fich in fein Schickfal, weinend, fluchend- jedenfalls wehrlos. Un fere Poliziften müffen ja bei uns ausharren; ich erleichtere allen Beteiligten die Lage durch meinen Vorfchlag, wenig ftens nach draußen zu gehen, um einer etwaigen Panik aus­zuweichen. So erleben wir den Angriff ,, ftehend freihändig" mit; glücklicherweife geht alles gut vorüber.

Die Flieger bleiben gefchäftig, auch als es längst wieder Tag ift. Irgendwo liegen wir gefchlagene fieben Stunden­dies unwahrscheinlich geduldige deutfche Volk! Größe und Grenzen in einem! Noch wiffen wir nicht, daß der letzte längfte Aufenthalt fchon mit unserm Bestimmungsort zu fammenhängt; über Nürnberg ift der letzte Großangriff da hingegangen, der feine unvergleichliche Schönheit in den Staub gelegt hat. Noch ift der Schienenweg nicht wieder frei Wir liegen einfach ftill und warten, warten- wie es das gan ze deutfche Volk in diefen Tagen weltgefchichtlicher Benom­menheit tut.

Unfere Reifezeit wächft allmählich auf 70 Stunden. Unfer

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