reden hinausgezögert hatte, wird auf den Palmfonntag früh beftellt, um gerade noch Zeuge zu werden, wie einige von uns unter tofenden Schimpfreden eines wahrhaft wider lichen Polizeimeifters in den grünen Polizeiwagen zum Ab transport verladen werden. Das war das letzte, was fie von mir vor dem Zufammenbruch des Dritten Reiches gefehen hat; einige ſchöne Erquickungen, die fie mir hatte bringen wollen, gab ich ihr zurück, weil fie mir nur abgenommen worden wären. Diefen Polizeimeifter ftellte ich, fobald ich konnte; es gelang, als wir zu Fuß durch ein kleines Trüm merfeld eskortiert werden mußten, ich erreichte, daß er mich führte. Ich fagte:„ Warum brüllen Sie uns eigentlich fo an? Hier find nur Leute, die Ihnen, auch wenn Sie vernünftig mit ihnen reden, keine Schwierigkeit machen würden. Und den ken Sie denn garnicht an das, was kommen kann?" Er fuhr mit einem fürchterlich drohenden Wortfchwall auf: aber ich fagte nur:„ Regen Sie fich nicht auf- ich bin fchon verhaf tet- ich bin fogar fchon vom Volksgericht verurteilt! Warum gehen Sie völlig überflüffiger Weife fo graufam mit Gefange nen um?" Ich fügte hinzu, daß diefe fehr häßliche Szene beim Aufbruch möglicherweife das Letzte fein könnte, was meine Frau von mir gefehen hätte., Meinen Sie, daß Gott einfach zu fehen wird, wenn Sie fo graufam find?" Ich habe ihn nicht wieder gefehen und weiß nicht, wo er heute fein mag. Nach längerem Zwifchenaufenthalt in Tegel und der übli chen Durchfchleufung durch den" Alex", zwei unliebfamen Erweiterungen meiner Kenntnis von Polizei, Gestapo und Strafvollzug, ergeht neue Weifung: wir follen nach Nürnberg . Mich bedrückt diefe Kunde fehr. Denn obwohl es immer noch Blinde und Taube unter uns gibt, die den Absturz in die Kataftrophe nicht wahr haben wollen, bin ich mir durch aus darüber klar, daß es, immer vorausgefetzt, daß wir am
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