wird, und daß mehr als einer in der Anfchauung der gött lichen Barmherzigkeit die letzte Strecke feines irdischen Weges getroft zuende geht.
Ich weiß auch um die Gewalt der Fürbitte derer, die draußen für uns die Hände falten.
Die Abendmahlsfeier, bei der ich in der Zelle knieend felbft das Beichtgebet fpreche, und Poelchau mir brüderlich Abs folution und Kommunion darreicht, fteht unter dem Zeichen der gefchenkten Gewißheit. Sie ist für mich der innere Wendepunkt meiner Haft.
Unter folchen Erkenntniffen tut fich eine neue Tiefendimen fion des Dafeins auf.
Der kennt das Wefen des Menfchen nicht vollſtändig, der ihn nicht im Stande der völligen Wehrlofigkeit gefehen hat. Denn dort zeigt er fich unverhüllt; was an jener äußersten Grenze noch verbleibt, das wird wahrfcheinlich echt fein. Jedenfalls wird an diefer äußerften. Grenze des Menschentums deutlich, warum es nicht anders fein kann, als daß Gott bei den Erniedrigten, Beleidigten, Befeffenen, Gepeinigten, Gefangenen, Entrechteten, Traurigen ift. Er ist zwar auch bei den Stolzen, Sicheren, Hochmütigen und Selbftgerechten; fie wären ja verloren ohne ihn und feine gnadenreichen Gerichte. Chriftus war auch bei den Pharifäern, und fein Drohwort war noch verborgene Werbung um fie. Aber das echtefte Bild Chrifti ift doch das des Hundertgul denblattes, da er wie ein Magnet des Lichtes alle Nacht der Not auf fich zieht.
An der gleichen Stelle entſteht auch die uns vielfach über irdifch anmutende Weisheit und Menfchenkenntnis der Heiligen und großen Chriften. Denn fie laffen den Menschen in feiner Wehrlofigkeit gelten. Sie schauen durch alle Panzer der Konvention hindurch und erkennen in dem reichen
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