An derfelben Stelle und in der gleichen Tiefe vollzieht fich fchließlich aber auch das Ringen um die Überwindung der Todesfurcht. Es ift die gleiche Wehrlofigkeit- was kann ich tun, wenn Gottes Plan das Ende meines Lebens beſtimmt hat? Wo bleiben die Pläne und Wünſche, und das bittere Be wußtsein um unvollendete Aufgaben, die ich fchuldig geblie ben bin? Es ist wie diefe Zelle und diefe Feffeln- eine hei lige Unentrinnbarkeit. Es gibt nur einen einzigen Weg zu Gottes Erbarmen- daß ich ihn an der Stelle fuche, da er fich mir zeigen will, hier, da er fich als der erweift, der meinem Leben ein Ziel fetzt. Nur durch willige Unterwerfung unter feinen heiligen Willen kann ich ihn preifen.

So füge ich meinem Tageslauf, ohne daß ich ihn im Übrigen ändere, noch eine Viertelftunde täglicher Meditatio mortis ein, da ich mich Zug um Zug auf die Möglichkeit meiner Hinrichtung innerlich rüfte. Täglich ende ich diefe Viertel ftunde mit der Bitte, Gott möge meine Kniee nicht zittern laffen, wenn ich jenen Schemel befteigen muß, von dem mir mein Nachbar beim Appell erzählt hat.

Von nun an fchaue ich täglich auf zu dem Gottesfohn, der fich im Garten Gethsemane unter den fchweren, heiligen Willen Gottes gebeugt und durch feinen Todeskampf der Todesfurcht die Macht genommen hat. Von ihm lerne ich, wie man über Zittern und Zagen hin zu dieſem ſchweren, heiligen Gotteswillen Ja fagt.

Gefegnete Agonie.

Geheiligtes Feuer, das die Schuld wegbrennt!

Geheiligter Todeskampf, auf deffen dunkler Wolkenwand der Regenbogen der göttlichen Erbarmung fchimmert wie fonft nie!

Mir ift bewußt, daß um mich herum mancher den gleichen Glaubenskampf kämpft, daß in diefem Haufe viel gebetet

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