Prozedur, da fie nur zur Probe veranstaltet wurde, mit ei nem ,, Runter, du Schwein!" geendet.

Der Gefängnisgeiftliche, Dr. Poelchau, hatte, tapfer und um fichtig, wie er immer war, uns alle rasch befucht, ehe ihm ein Sprechverbot erteilt werden konnte. Als er mich nach mei nem eigenen Urteil über meinen Fall befragte, hatte ich ohne jede Illufion über die drohenden Möglichkeiten geantwor tet: Wenn es nach Gerechtigkeit geht, kann ich nicht zum Tode verurteilt werden", worauf der kluge Skeptiker erwi dert hatte: Gerechtigkeit ift ein foziologischer Begriff". Ich hielt es für richtig, mich ganz auf die letzte Möglichkeit einzurichten. Und darum find mir diefe Tegeler Tage in be fondererWeife unvergeßlich; fie ftehen mit einem eigentüm lich verhaltenen Glanze in meiner Erinnerung. Denn hier bin ich spürbarer und bewußter denn je fonft in meinem Leben vor das Angeficht Gottes getreten. Und das konnte hier in Tegel befonders gut gefchehen.

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Die Zelle in diefem modernen Gefängnis ift zwar kleiner als die in der Lehrter Straße , man kann nur fünf Schritte in der Längsrichtung machen. Aber fie ift ganz fauber, und wenn in diefen lichten Herbfttagen die Sonne hereinfällt, liegt et was von der kargen, klaren Schönheit einer Mönchszelle über ihr. Je deutlicher mein Schickfalsweg wird, defto ſtiller wird es um mich und in mir. Die Welt verfinkt, die Stimmen des Tages fchweigen. Kein Telefon fchrillt durch die Stille, keine Besprechungen. Sitzungen, Verabredungen, Verpflich tungen erfüllen den Tag mit Haft. Selbft die Gitterstäbe und die Feffeln haben keine unmittelbare Bedeutung mehr.Löffel und Napf, Tisch und Pritfche- es find ganz wenige, einfache Dinge, die um mich geblieben find. Es iſt nichts Aufgereg tes und Zerftreuendes mehr da. Mein Geift ift ganz aus geruht und frei für die wefentlichen Eindrücke.

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