Ich wurde fofort wieder in meine Zelle geführt, aber ich habe Gott gepriefen, jawohl von Herzen gepriefen, daß auch in diefem Haufe der Todesfchatten und der vielfältigen Not eine Weihnachtsgemeinde gewefen war. Denn es kann viel äußerer Feftglanz, schimmernder Trubel und bürgerliches Wohlbehagen da fein und doch keine Chriftfeftgemeinde, und es kann unter Todesnot und viel Herzensangft doch ei ne Chriftusgemeinde zu Weihnachten beieinander fein. Die Kerzen und alle menfchlichen Lichter können unfere Augen blenden, fodaẞ fie das Wefentliche an Weihnachten garnicht mehr zu fehen vermögen, aber das Volk, das im Finftern wandelt, kann es vielleicht beffer erkennen als alle, die im irdifchen Lichterglanz ftehen:

Das ew'ge Licht geht da herein,

Gibt der Welt ein'n neuen Schein".

X kam kurz nach Weihnachten in ein Konzentrationslager. Der Geiger wurde noch in den letzten Tagen vor dem Zu fammenbruch von der Geftapo umgebracht, und den Kom mandanten, der bald darauf wegen zu großer Menschlich keit abgelöft wurde, habe ich völlig aus dem Auge verloren. Aber die Erinnerung an meine Weihnachtsgemeinde 1944, über der das tröftliche, ewige Licht Gottes aufging, ift ge blieben.

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