darüber, daß wir alles, was unfere Haft uns etwa an Ver trauen im In- und Auslande eintragen könnte, falls wir am Leben blieben, für diefe Hilfe einzufetzen haben würden. Er hatte fich die volle Fähigkeit bewahrt, an Andere zu denken; und der Grund dafür war die einfache Tatfache, daß er ein Chrift war. An ihm konnte man lernen, daß Güte und Mut auf eine verborgene Weife zufammen gehören. Echte Güte ift das Vorrecht großer und furchtlofer Seelen; die meiſten Menfchen find zur Güte unfähig, weil fie zu furchtfam find. Wer anders als ein furchtlofer Menfch hätte diefe ftille Güte geübt, die er mit feinem nächtlichen Tun erwies? Denn das mit wagte er viel. Durch irgendwelche Manipulationen, die ich nicht kenne, vermutlich durch eine handfefte Beftechung, hatte er es zuwege gebracht, daß er ungefeffelt blieb, und daß auch feine Zellentür während der Alarme geöffnet wur de. Sobald der Voralarm verklungen und die Schar der Scher gen unten war, fchlich er fich aus feiner Zelle und öffnete- wechſelnd- bei fo vielen, wie es in der Eile und ohne Auf fehen zu erregen möglich war, die Zellentür ein wenig. Für die meiſten war das eine unfchätzbare pfychifche Wohltat, dem Becher kalten Waffers vergleichbar, von dem das Evan gelium fpricht. Denn bei einem der erften Alarme hatten wir in unferm Flügel dreizehn Tote gehabt, und die Erinne rung an die hilflos in ihren Zellen umkommenden, gefeffel ten Gefährten bedrückte Viele fehr. Wäre er je bei diefem Akt fchlichter, mutiger Menfchlichkeit ertappt worden, fo wären die Folgen für ihn felbft unabfehbar gewefen. Aber er lebte aus jener Güte, die aus der geheiligten Furchtlofig keit erwächft.

Er gehört zu denen, die in diefem Haufe das Bild menfch licher Würde und Hoheit rein gehalten haben.

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