dem Leben abgefchloffen hat. Wenn der göttliche Wille unfer Ende befchloffen hat, dann ist es nicht mehr fo.wefentlich, ob der Strick oder ein Bombenfplitter das Mittel fein wird, un fer irdisches Sein auszulöschen. Und daß es, wenn wir am Leben bleiben, nur durch ein Wunder gefchehen kann, das wiffen wir fowiefo jeden Tag. Derartige Erwägungen und dazu das Bewußtfein, daß in diefen Alarmnächten die Für bitte draußen mit verftärkter Gewalt emporfteigt, tun denn auch ihre Wirkung; ich ftehe diefe nächtlichen Höllensze nen, die fich gegen das Ende hin immer mehr fteigern, ohne jede Verzagtheit durch.
Nur einmal war es anders. Mein Herz muß fchlecht gewefen fein. Der junge Gefängnisarzt, ein wahrscheinlich nicht fehr bedeutender, und jedenfalls auch nicht fehr intereffierter SS Arzt, deffen Gehilfe übrigens noch nicht einmal wußte, was Afthma war, hatte mir Cardiazol gegeben, was offen fichtlich ganz falfch gewefen war. Als dann in jener Nacht die Sirenen aufgeheult hatten und das Höllenspiel lärmend und dröhnend begann, habe ich buchstäblich das„ Zittern und Zagen" kennen gelernt; und eigentlich muß ich dank bar fein, daß ich nicht nur als Stoiker durchgehalten habe. Denn wer wirklich auf Gottes Hilfe trauen lernen will, muẞ auch bis an die äußerfte Grenze der Hilflofigkeit geführt worden fein; er muß tief hinabgeführt fein in jenes finftre Tal, von dem der dreiundzwanzigfte Pfalm fpricht. Wann aber erführe der Menfch das Bewußtfein, völlig preisgege ben zu fein, je im bürgerlichen Dafein?
Noch ein anderes Gefchenk bringen diefe Fliegernächte. Die Verdunkelung muß fofort nach dem Auslöfchen des Lichtes aufgerollt werden, damit fie nicht vom Luftdruck zerriffen wird; denn neues Material gibt es nicht, und wir können, da wir ja die ganze Nacht auf unfern Pritschen als
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