Auf eine ganz unvermutete Weife aber kehrte der Friede der Nächte wieder und damit die innere Stille und die Mög lichkeit zur Befinnung und Einkehr. Es war ja Krieg, und es gab Fliegeralarm. In den kurzen Auguftnächten waren fie äußerst felten; aber je weiter das Jahr fortfchritt, desto mehr nahmen fie zu, und bald traten fie mit der Verläßlichkeit eines Uhrwerkes ein.
Dann veränderten auch die Nächte ihr Bild.
Diefe Fliegernächte find von einer eigenen Romantik erfüllt. Und es ift erftaunlich, wie das Abenteuer tief im Herzen lebendig ift und unter dem Höllentanz diefer Angriffe wach wird.
Zwar unfere äußere Lage ift peinlich, fehr peinlich fogar; die Feffeln find, obgleich man fich an fie gewöhnt hat, immer noch ein wenig hinderlich, wenn man fich die Wafchfchüffel als kümmerlichen Splitterfchutz auf den Kopf zu praktizie ren verfucht; während der tollften Detonationen hockt man dann in der Ecke dicht unter dem Fenster, um vor den gröb> ften Glass, Bomben und Flakfplittern gefchützt zu fein. Das machen wir hier alle fo. Aber man tut es nur in den kurzen Augenblicken, da die Bomben mit höllischem Pfeifen in un mittelbarer Nähe herunterfaufen. Wenn der Splitterregen niedergegangen ift und das Beben der alten, feften Mauern fich beruhigt hat, fteht man wieder am Fenfter, verfolgt die atemberaubende Jagd der Scheinwerfer, die über der schüt ternden Stadt ihren Lichtdom wie ein graufames Affenſpiel der Feftlichkeit aufleuchten laffen, und die manchmal einen diefer gefährlichen filberweißen Leiber eines feindlichen Flugzeuges erfaffen. Haben erft zwei Scheinwerfer einen fol chen Nachtvogel erhafcht, dann faugt fich rafch das ganze Strahlenbündel aus allen Lichtkegeln an ihm feft, hält ihn, gibt keine Ruhe, folgt allen tollen Windungen, Schrauben,
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