Nächte

Die Nächte waren, foweit die Geftapo in Betracht kam,

keine Nächte. Denn fie waren weder dunkel noch ftill. Daß man noch gegen Mitternacht zur Vernehmung nach unten geholt wurde, war nichts Außergewöhnliches, und die Executionen pflegten früh morgens gegen 3 oder 4 Uhr ftattzufinden. In der Zwifchenzeit forgten die Poften mit fchallenden Gesprächen oder lärmender Ablöfung für die entſprechende Unruhe.

Dazu brannte die ganze Nacht in unfern Zellen Licht. Wahr fcheinlich befürchtete man Selbstmordverfuche oder andere­unerwünschte Dinge; jedenfalls gab es für uns in den Näch ten keinen Mangel an elektriſchem Strom. Natürlich war es außerordentlich unangenehm, trotz Lärm und Licht schlafen zu müffen. Ich habe immer neue Manipulationen erfunden, um mir Augen und Ohren abzufchirmen", bis es dem je weiligen Poften gefiel, es lärmend zu verbieten; dann mußte mir etwas neues einfallen. Am häßlichften fand ich, wenn etwa nachts gegen 2 oder 3 Uhr einer von den Jünglingen die Zellentür aufriß und brüllend befahl, hinfort nur auf dem Rücken liegend, die Hände auf die Decke gelegt, zu fchlafen. Aber von derartigen Annehmlichkeiten war un­fer Tageslauf ohnehin erfüllt, vor allem in der erſten Zeit. Gelegentlich habe ich mit lebhafteftem Gegengebrüll geant wortet. Das nützte natürlich nichts, aber es erleichterte doch.

64

44