führte. Von einigen, die für Säulen angelehen waren, hielt er nicht fonderlich hoch, während er über die Frömmigkeit einiger anderer Brüder der Bekennenden Kirche , wie etwa des Präfes Scharf, mit offener Hochachtung fprach. Ganz unerwartet fcharfe Kritik übte er an der Tatsache, daß Eva Bildt meine Sekretärin war; für eine unwahrscheinlich lange Zeit konnte es den Anfchein haben, es gäbe überhaupt keine größere Belaftung für mich als die, daß ich eine Mitarbei terin hatte, die nach dem Sprachgebrauch des Dritten Reiches halbarifch war. Es war wirklich ein äußerft mühfeliger Teil der Vernehmung, obwohl ja fachlich blutwenig zu fagen war. Es hing alles mit feinem Haupteinwand gegen mich zufam men; für ihn war ich mindeſtens ein geiftiger Mitwiffer des 20. Juli, nein im Grunde noch mehr. Die„ Verfchwörer und Verräter" würden mich nicht in folchem Maße feelforgerlich und als Pfarrer in Anfpruch genommen haben, wenn fie nicht Anlaß gehabt hätten zu der Überzeugung, daß ich, auch ohne politifche Aktivität im einzelnen, einer der entfchloffenften geiftigen Gegner des Nationalfozialismus fei. Hier erwies fich, daß die Geftapo von meiner Vortragstätigkeit viel mehr verftanden hatte, als meine Freunde immer anzunehmen geneigt waren; er jedenfalls hatte fich durch gefchickte For mulierungen nicht täufchen laffen. Und daß ich in meinen öffentlichen Reden die agreffive Polemik im vordergründigen Sinne vermied, und in der Form im allgemeinen ge mäßigt blieb, gerade das ließ mich in feinen Augen als befon ders gefährlich erscheinen. Diefer Mann alfo war es, der an jenem Morgen mit dem herausfordernden Satze begann: „ Sie wiffen, daß Sie der Gefährlichfte find!"
Worauf ich, faft erfchrocken, fagte:„ Das kann doch nicht fein!" Darauf er, meine Betroffenheit völlig mißdeutend: Wie kön nen Sie das leugnen?!"
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