halt möglichft genau und wahrheitsgemäß feftzuftellen, fon dern daß mir ein Mann gegenüberfaß, der meinen Kopf wollte. Das war für mich etwas Neues: ein Gegenüber, das in der Form eines kalten, klaren Geſpräches mich zum Tode zu bringen verfuchte. Fürchterliche Verwandlung: da war kein blitzender Dolch oder roher Fauftfchlag, fondern das mörderische Inftrument, das nun für Stunden immer wieder nach mir zuckte, war ein Befragungsfyftem von dämoni fcher Präzifion.
Die Kunft des Dr. Neuhaus war in der Tat wahrhaft dämo nifch, und das leife, aber merkliche Erfchrecken, das fie hers vorrief, war von der Art, wie wenn wir begreifen, daß der Teufel uns mit feinen Künften ſchlechthin überlegen ift. Hier war eine Kunft boshafter Seelenzergliederung, eine Kopfjägerei auf das unbedachte, verfängliche Wort, die viel fub tiler, aber auch viel präzifer arbeitete, als je ein meiſterhafter Chirurg mit dem Meffer operiert hat. Es war faft ausgefchlof fen, jenen unfichtbaren Schlingen auszuweichen, die mit jeder Frage ausgeworfen wurden, und deren jede todbringend war. Nach drei Sätzen hatte ich begriffen, daß diefe Fragen fcharfgefchliffene Dolche waren, die jedesmal einen tödlichen Stich beabsichtigten. Noch heute fpüre ich den Augenblick, da ich blitzartig begriff, daß in diefem dichten Geflecht von Frage und Antwort das aufregend fchöne Spiel um Leben oder Tod begonnen hatte.
Aber noch erregender war, daß ich mit jeder einzelnen Antwort nicht nur mein eigenes Gefchick, fondern faft im mer auch ein anderes Menschenfchickfal in der Hand hielt. Und hierbei mußte ich meinen Weg völlig im Dunkel fuchen; denn von keinem meiner wefentlicheren Bekannten wußte ich Genaueres. Ich wußte weder, ob Trott und Schulenburg, Schacht und Goerdeler , Gerftenmaier und andere noch am
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