Verhöre
In den weitaus schwierigften Teil meiner Geftapohaft ging ich mit der fröhlichen Zuversicht eines fozufagen privaten Optimismus hinein; aber buchstäblich in wenigen Minuten wehte mich der heiße Atem fchwerfter gefchichtlicher Ent fcheidungen an. Wie im Sturmwind wurde ich aus der Er wartung, es werde fo fchlimm nicht fein, herausgeriffen, die Nebel privater Erwägungen zerteilten fich, und ich fah mich unverfehens in der breiten Front des großen gefchichtlichen Widerstandes gegen die Mächte des politifch Böfen. Die Geftapo wußte, wenngleich fie keineswegs alles wußte, weit mehr von mir, als ich je vermutet hatte; ich begriff ganz langfam, daß fie mir feit langem die Ehre einer ganz beträchtlichen Beachtung gefchenkt hatte. Die Haft war nur der Schlußpunkt einer Entwicklung, auf den jenes allgemeine Reife und Redeverbot kurz vor dem 20. Juli fchon unmiẞ verständlich hingewiefen hatte; für die Geftapo war ich längst fällig, ja überfällig gewefen.
Die Verhaftung fchien nun die Möglichkeit zu bieten, mich mit einem Schlage auszulöschen. Denn fie erfolgte unter der Vorausfetzung meiner vollen Mitwifferfchaft am Anfchlag des 20. Juli. Das wurde mir nach wenigen Sätzen klar, als an einem fchönen, noch immer fonnigen und klaren Auguftmorgen. Dr. Neuhaus im Hauptquartier des Reichsficherheitshaupt dienftes in der Meinekeftraße mich zu verhören begann.
.31


