Nachdenken über die juriftifchen Möglichkeiten gegen ftandslos. Da fich in den erften Tagen nach der Inhaftierung keinerlei Anzeichen dafür ergeben hatten, daß man fich an den Rechtsweg zu halten gedachte, da man mir weder einen inhaltlichen Haftbefehl erteilte noch auch die Möglichkeit zu einer Vernehmung gab, fondern einfach allen täglich früh beim Poftengang erneuerten Forderungen zum Trotz mich zunächft unbeachtet in der Zelle ließ, hatte ich langfam mit der letzten Möglichkeit gerechnet.

Als die bei weitem traurigfte und niederdrückendfte Men fchengruppe in unferem Verließ erschienen mir zuerft die Wachmannfchaften. Es waren volksdeutfche SS- Leute aus Siebenbürgen , der Batfchka und andern balkanischen Ges genden. Die meiſten waren noch erftaunlich jung, einige eben erft 18 oder 19 Jahre alt. Ihr Deutfch war meift mangel haft, etliche fprachen es überhaupt nur gebrochen; in was für erftaunlichen Sprachlichen Wendungen habe ich mich von ihnen anbrüllen laffen müffen! So klang bei ihrem Getöfe immer ein leifer humoriftifcher Unterton mit, den ich auf meine Weife genoß. Übrigens habe ich es zum baffen Erftau nen diefer Männer zu wiederholten Malen an kräftiger, äußerft lauter Gegenwehr nicht fehlen laffen.

Sie waren eigens, um uns Staatsverbrecher zu bewachen, aus der Front zurückgezogen, man hatte ihnen aufgetragen, mit diefen Verrätern nicht fanft umzugehen, und fie haben das Ihre getan, um diefem Geheiß wörtlich zu folgen. Nun war es den meisten einfach zu Kopf geftiegen, daß fie als junge Soldaten Generäle und Profefforen kommandieren und das bei allen unterdrückten fubalternen Komplexen freien Lauf laffen konnten.

Wenn ich die durchs Leid geprägten Gefichter der Mitge fangenen fah, lauter Perfönlichkeiten, die im Leben hohe

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