lichen Regelmäßigkeit fallen hörte und hatte tatfächlich zu erft geglaubt, die SS Männer hielten ihre morgendliche Schießübung ab- bis mir jäh der Gedanke aufftieg, daß da Menfchen aus unferem Gefängnis, erledigt" würden.
Da hoben in der Ferne Glocken an zu läuten; ich verfuchte am Stande der Sonne die Zeit zu erraten, und ging Stunde um Stunde den Sonntagvormittag durch, malte mir die wartende Gemeinde aus, und hielt im Geifte den Gottesdienft mit. Da fühlte ich in der Tafche einen ganz zufammen gefalteten Zettel, den geſtern der aufnehmende Beamte nicht entdeckt und ich felbft überfehen hatte; es waren Notizen zu der Predigt über 1.Cor.15, 1-10, die ich hatte halten wollen. Nun konnte ich den Text noch einmal überdenken. Von meinen Mitgefangenen habe ich bis zur Stunde noch nichts gefehen oder gehört. Die Zellennummern, die in den nächsten Tagen unabläffig gerufen werden, hüllen alles in eine bedrückende Anonymität. Am vierten oder fünften Tage wird eine Gruppe von uns für das Verbrecheralbum photographiert; wir ftehen, in langen Abſtänden, die Ges fichter zur Wand, auf der Treppe und den Gängen herum, bis wir draußen photographiert werden. Der Photograph ift von einer fehenswerten Ungefchicklichkeit; da er alles durcheinanderbringt, werden, um weitere Irrtümer zu ver meiden, die Namen aufgerufen, und auf diefe Weife erfahre ich, daß mein Nachbar Schulenburg heißt, höre weitere Na men, die alle in die gleiche Richtung weifen; ich begreife, daß ich mit dem 20. Juli in Zufammenhang gebracht werde. Beim Photographieren felbft bin ich mir über das Erforder liche durchaus klar; ich weiß, daß man aus einem unrafierten Geficht, zumal wenn ungeordnete Kragenverhältniffe hin zukommen, spielend leicht eine Verbrechervilage machen kann, wenn man das Opfer veranlaßt, nach unten zu ſehen.
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