lifieren, damit ich unter keinen Umständen folchen Zufam menbrüchen erliege.

Da wird mir eine der köftlichften Gaben zuteil, die mir schon unzählige Male in meinem Leben geholfen hat: der Schlaf. Ich lege mich auf der Pritfche fchlafen. Und da ich mit diefer köftlichen Gabe, obwohl fie mir in jeder Minute zur Ver fügung steht, fehr im Rückftande bin, da ich einen langen, früh begonnenen und immerhin ereignisreichen Tag hinter mir habe, fchlafe ich trotz der harten Lagerftatt und des un aufhörlichen nächtlichen Lärmes, felbft trotz der schauder haft grellen Lampe, die uns die ganze Nacht unmittelbar aufs Lager fcheint, wunderbar feft und tief, fodaß ich am anderen Morgen völlig erfrischt und geftärkt aufwache und die Welt anders anfehe.

Es war Sonntag, der 20. Auguft 1944- mein 45. Geburtstag! Der Tag war von jener blendenden Majeftät, wie ich ihn mir für diefen Tag auf der Höhe des Jahres gewünſcht hatte, der Himmel war ein Dom von Licht, und die Sonne hüllte die Erde in ihre ftrahlende Glut. Da hörte ich plötzlich aus ei nem Fenster im anderen Flügel, ohne daß ich Genaueres erkennen konnte, hallend über den Platz pfeifen: Wer nur den lieben Gott läßt walten...."! Wie elektrifiert sprang ich ans Fenfter und antwortete, fobald der unbekannte Mitchrift drüben gefchloffen hatte, mit dem Choral: O, daß ich tau fend Zungen hätte!" Wir wechfelten pfeifend noch je eine Strophe, bis drüben der Wachtpoften mit polterndem Lärm ein Ende machte, und auch der Poften auf meinem Gang nahte, der aber, da ich längst wieder friedlich in meiner Zelle war, nichts entdeckte.

Für einen Augenblick kehrte noch einmal jener langfam wachfende Schrecken von geſtern abend wieder: ich hatte in der Nähe Schüffe vernommen, die man mit einer faſt fried

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