gerade in diefem Augenblick Freund P. fich unerwartet auf der Durchreife meldet und zu einer feltenen Flasche Wein einlädt, erwidere ich mit grimmigem Humor, daß wir diefen hübfchen Plan ein wenig verfchieben müffen. Währenddem fitzen die Beiden wie böfe, wachfame Hunde dabei und ach ten auf jede Bewegung und jedes Wort; einige ironische Be merkungen von mir lieben fie durchaus nicht.

Nun mache ich mich fertig. Ich wähle einen alten, aber noch immer ftrapazierfähigen Anzug; da er fchwarz und von. gutem Schnitt ift, wird er mir in Verbindung mit einer schwar zen, hoch gefchloffenen Wefte bei den späteren Verhören und anderen öffentlichen" Anläffen immer ein wenig klerikalen Glanz verleihen, und ich werde das fpäter als eine nette Beigabe empfinden. Außer dem Nachtzeug nehme ich noch zwei oder drei von den letzten guten Brafilzigarren( die am Abend bereits dem SS - Offizier wohlgefallen werden, der meine Perfonalien aufnimmt!) und außer der Bibel das fchön gebundene Exemplar des griechifchen Neuen Tefta mentes von Soden, weil es mit feinen klarer, großen Typen auch in einer Zelle gut lesbar fein wird. Dazu einen leich ten Mantel, und nach einigem Überlegen auch einen Hut. Aber eine Schwierigkeit ift noch da: in meiner Rocktasche ift ein handgefchriebener, kurzer englifcher Brief von Robert Mackie, dem Generalfekretär des Chriftlichen Studenten weltbundes. Es ist zwar nur ein ganz einfacher, chriftlicher Brudergruß, und weder Robert noch ich haben bisher Fäs higkeiten als Verfchwörer aufzuweifen. Aber da die Geftapo nun einmal zu Mißtrauen geneigt ift, könnte fie den Brief als belaftend anfehen, wenn ich nachher auf den Inhalt meiner Taschen durchfucht werde; und außerdem braucht fie nicht von mir zu erfahren, daß Schönfeld und einige andere folche Grüße über die Grenze zu bringen pflegen.

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