ausstößt, wie Todesschreie! Alles ist dir neu. Der Kopf fängt zu schmerzen an. Zerschlagen an Leib und Seele erwartest du den neuen Tag.
Am nächsten Morgen aber werden aus den verschiedenen Boxen tote Menschenleiber zwischen den Lebenden herausgezogen. Ein Teil ist an Erschöpfung, an Hunger oder Ruhr gestorben. Vorm Blockausgang siehst du beim Aufstapeln der Leichen an vielen von ihnen einzelne Druckstellen am Hals. Du fragst einen der schon länger Inhaftierten nach der Ursache. Die Antwort lautet:
,, Das ist Hunger."
,, Ja, aber Hunger hinterläßt doch keine Druckstellen." Und darauf sagt man dir:
,, Der, der da liegt, hat keinen Hunger mehr. Aber der, der ihn in der Nacht erwürgt hat, um in den Besitz seiner Essenmarke zu kommen, der hat sogar jetzt noch Hunger."
Noch einmal treten dir die Bilder der vergangenen Nacht vor Augen. Wofür du vor Stunden noch keine Erklärung fandest, jetzt hast du sie. Dies war nur eine Nacht, wie viele stehen dir noch bevor? Jahrelang haben viele Menschen solche und ähnliche Nächte erdulden müssen.
Handelt es sich bei Menschen, die sich zu solchen Handlungen hinreißen lassen, immer um ausgesprochen verbrecherische Elemente? Ich behaupte: nein!
Die Gefangenen stehen in losen Gruppen im kleinen Lager beisammen. Viele bummeln abseits von der Masse. Alles wartet. Jeden Augenblick kann der Pfiff ertönen zum Essenempfang. Sie schauen voller Spannung nach der Holzbaracke, in der die Vorbereitungen zur Essenausgabe getroffen werden. Ein großer Teil ist mit sich selbst beschäftigt und geht seinen eigenen Gedanken nach. Etwas abseits sind auf einmal herzzerreißende Schreie zu hören. Eine Masse Menschen strömt an dieser Stelle zusammen. Was ist zu sehen? Ein schwacher, hilfloser Mitgefangener stöhnt blutend auf der Erde. Seine abgeschla
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