den Anstrengungen des Marsches an den Rand des Grabes gebracht. Sie wurden mit den in dieser Nacht Erschossenen in eine Hütte getragen, wo man sie auf dem blanken feuchten Boden ihrem Schicksal über- ließ. Keiner von ihnen dürfte den Abend erlebt haben, denn wer wirklich am Nachmittage, als wir den Lagerplatz verließen, noch geatmet haben mag, wird den Genickschüssen der SS zum Opfer ge- fallen sein.

Gegen Mittag erhob sich plötzlich ein großes Ge- schrei und alles, Deutsche und Russen, lief auf der Straße zusammen, wo von einem Lastauto ein Haupt- mann der Wehrmacht eine Ansprache hielt. Ich kam etwas zu spät dorthin und vernahm nur den Schluß der Rede. Alle mangelhaft Bekleideten sollten so- fort neu eingekleidet werden, Anzüge und Schuhwerk würden herantransportiert. Und im übrigen würden die KZ-Häftlinge von nun an unter den Schutz der Wehrmacht gestellt und sollten in einem Lager bei Königsdorf untergebracht werden, wo alles schon zur Aufnahme bereit sei und wo wir das Ende des Krieges abwarten sollten. Ein ungeheurer Jubel brandete auf, und nun, wo das Leben gesichert schien, waren plötz- lich Deutsche und Russen wieder ein Herz und eine Seele.

Der Gedanke war ja auch bestechend schön und da er von einem Angehörigen der Wehrmacht ausge- sprochen wurde, deren SS -feindliche Gesinnung uns allen bekannt war, hegte die Mehrzahl auch keinen Zweifel an seiner Ausführbarkeit. Tatsächlich wurde wenig später ein Lastwagen herangefahren und feld-

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