Und im übrigen sollte es sich ja nur um eine behelfs- mäßige Unterkunft handeln. Um uns nun völlig mit den kleinen Mißständen aus- zusöhnen und keine Hoffnungslosigkeit aufkommen zu lassen, erhielten wir noch am gleichen Abend eine volle Schüssel dick gekochter Graupen mit faust- großen Fleischfetzen darin und jeder Mann ein gan- zes Kommißbrot. Wenn das so blieb, konnten wir zu- frieden sein, wir schienen es wirklich nicht schlecht getroffen zu haben. Anderntags ließ man uns erst einmal ausschlafen. Was eine solche Geste bedeutet, kann nur ermessen, wer Tag für Tag Jahre hindurch an jedem Morgen um vier Uhr von seinem Strohsack gejagt wurde. Um sieben Uhr war Wecken, heißer, guter Kaffee wurde ausgegeben. Und danach begannen wir, unsere Um- gebung in Augenschein zu nehmen. Welche Verände- rung gegen die Sandwüste von Sachsenhausen! Große, blühende Wiesen ringsum, Wälder, und in der Ferne grüßte der hohe Rücken des Donon herüber— ein Kurort konnte keine schönere Lage haben. Das Lager selbst war allerdings klein. Der Minia- tur-Appellplatz befand sich auf einer sanft ansteigen- den Wiese, ein einfacher Stacheldrahtzaun bildete die Grenze, die beiden primitiven Wachtürme reichten durchaus, die gesamte Anlage zu überblicken. Gegen- über lag das Gebäude der ehemaligen Gastw irtschaft, das nun der Lagerverwaltung diente und außerdem die SS-Küche enthielt. Die kleine Wachtruppe war zum größten Teile in einem nahegelegenen Bauern- hofe untergebracht. 63


