Tau und Es gab in jedem Lager zwei Verwaltungskreise, die einander überschnitten und die keineswegs durch die Trennungslinie des Stacheldrahtzaunes getrennt wurden. So existierten eine SS-Verwaltung und eine Häftlingsverwaltung. Aber ebenso wie die langen Arme der SS-Verwaltung in den eigentlichen Lager- bezirk hineinreichten, endeten die Befugnisse der Häftlingsverwaltung durchaus nicht am Tor, sondern erstreckten sich weit hinaus auf die Arbeitsplätze, in die Außenkommandos, ja bis in andere Lager. So merkwürdig das Letztere klingen mag, so sehr ent- spricht es doch den Tatsachen, denn es ist unzählige Male vorgekommen, daß einen Häftling auf den Transport in ein anderes Lager eine geheime Nach- richt begleitete, die ihm dort ein angenehmes Leben oder den Tod sicherte. F Beginnen wir beim einzelnen Häftling. Er war nur ein winziges Teilchen jener grau-violett gestreiften Masse willenlos gemachter Arbeitssklaven. Sein Le- ben bedeutete nichts, sein Sterben noch weniger. Die Vielzahl der täglichen Toten wurde leicht durch die laufenden Zugänge ergänzt. Die Lager starben nie- mals aus, sie wuchsen trotz Mord und Hungertod. Bei seiner Aufnahme gab der Häftling alles ab, er besaß nichts mehr, Titel und Würden blieben außer- halb des Lagers und ich erinnere mich eines Lager- ältesten, dessen erstes Bestreben es war, auch die Menschenwürde der neu Zugegangenen sofort auszu- löschen. So wurde der Mensch zum Staubkorn im großen Getriebe des Konzentrationslagers, er verlor alles, was ihn mit dem Leben jenseits des Stachel- 23


