— 4— anſehn mag. In der Sexta(der kath. Gymnaſie jen in Weſtfalen) ward mit dieſem Unterrichte der Anfang gemacht, und in der Tertia, auch wohl ſchon in der Quarta wird er beendet. Wegen der angezeigten AÄhnlichkeit habe ich nun vorzulegen, welches Ziel der lateiniſche Unterricht bis Tertia erreicht, und welcher Weg dabei genommen wird. Ich will den ganzen lateiniſchen Unterricht, der von Sexta bis Tertia gegeben wird, prüfen, weil es ſogleich auffällt, daß dieſer ganze Unterricht grammatiſch iſt. Eine ſehr große Menge Formen und Wörter wird auswendig gelernt; jede Form, jedes Wort einzeln. Dazu werden aus der Spyntaxis faſt eben ſo viele Regeln dem Gedächtniſſe eingeprägt; auf die Regel folgen paſſende Beiſpiele, wenige, ſeit die praktiſche Grammatik von Bröder, aus den Schulen verbannt iſt. Die praktiſchen Übungen beſtehn hauptſächlich in ſchriftlichen Compoſitionen und in der Lectüre der Claffiker. Jedes Wort, jede Form wird nun bei den Componir⸗Ubungen aus den betreffenden Buͤchern geholt, nach den ſyntaktiſchen Regeln jeder Satz und jeder Satz⸗ theil ſorgfältig geformt. Die Claſſiker werden ebenfalls ſo geleſen: der Schüler findet im Lexikon ſeine Wörter und Redensarten und ſucht in der Grammatik die gehörigen Regeln zuſammen, auf die jeder Satz, jeder Satztheil paßt. Es kann nicht geläugnet werden, daß der Tertianer nun auf dieſe Weiſe in einem alten Claſſiker mit Hülfe des Lexikons und der(Grammatik, ſich muͤhſam den Sinn eines Satztheiles nach dem anderen zu enträthſeln im Stande iſt. Aber auch nur ſo weit füͤhrt unſere gramma⸗ tiſche Methode. Alle Sprachfertigkeit iſt vollkommen gehemmt; denn der Schuͤler hat es einzig mit der Form zu thun, ſowohl wenn er, wie man es nennt, ſelbſt componirt, als wenn er lieſ't. Das hat man ganz bei dieſem Unterrichte überſehn, daß die Materie einer Sprache etwas ganz anderes iſt, als die Form, daß aller naturgemäße Unter⸗ richt erſt die Gewalt über die Materie giebt und dann die Form derfelben betrachten läßt, oder daß das Denken zuerſt einen Stoff verlangt, an welchem es ausgeübt werden ſoll; auch überſehn, daß der Knabe doch wohl auf dieſer Stufe, auf der ihm zugemuthet wird, den menſchlichen Geiſt auszumeſſen, noch gar zu unreif iſt, um