der geglückten Invasion im Westen eine solche Ent­schuldigung, mit einer gewissen Berechtigung den Kampf weitergeführt zu haben, nicht mehr geben. Hat nun etwa die deutsche Armee 1939 bis 1945 nicht über Feld­herren verfügt, welche in der Lage waren, die militäri­sche Lage richtig zu beurteilen? Soweit die Führer aus der Schule der alten Wehrmacht kamen und die Un­bestechlichkeit ihres Wissens vor der Vergiftung mit der nationalsozialistischen Doktrin zu bewahren wuẞ­ten, hat ihnen das Rüstzeug zur kritischen Beurteilung des Geschehens nicht gefehlt. Sie hatten sicher alle ihren Clausewitz gelesen und mußten deshalb schon seit zwei Jahren wissen, daß der Krieg mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr zu gewinnen war. Von diesen Heerführern wird, soweit sie nicht von unseren ehemaligen Gegnern sowieso zur Rechen­schaft gezogen werden, vom deutschen Volke darüber Aufschluß gefordert werden müssen, was sie getan ha­ben, um im Sinne ihrer Erkenntnis bei der politischen Führung des Reiches auf die Beendigung des Krieges hinzuwirken. Man wird sie vor die Frage stellen, ob sie überhaupt Ratschläge erteilt haben und wie diese von Hitler aufgenommen worden sind. Selbst wenn man den deutschen Generälen etwa zugute halten wollte, daß sie überzeugt gewesen waren, jeder Versuch, dem wahn­sinnigen Treiben ihres obersten Heerführers Einhalt zu gebieten, hätte zum Bürgerkrieg führen müssen, so ist das doch keine Entschuldigung. Wenn der Kampf im Innern vielleicht noch schlimmer gewesen wäre als die bitterste absolute militärische Niederlage, so muß­ten sie sich doch klar darüber sein, daß nicht nur aus außenpolitischen Gründen jeder Akt der ,, Selbstreini­gung" unsere Lage nur erleichtern konnte, sondern, daß er auch um unserer selbst und unseres Gewissens

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