nichts als Bluff, Reklame und Schwindel. Für den Normalfall wird man beim Politiker, nicht aber beim Feldherrn den sicheren Instinkt dafür voraussetzen, ob die Ziele der Staatsführung mit kriegerischen Mitteln verfolgt werden sollen, wenn die friedlichen versagt haben. Dieser Instinkt muß angeboren sein; er kann nicht erworben werden. Hat der Krieg einmal begonnen, so kommt in seinem Verlaufe mit unausweichlicher Gewißheit der Zeitpunkt, da die Frage entschieden werden muß, ob man mit dem militärischen Latein zu Ende und deshalb die Beendigung des Krieges mit politischen Mitteln anzustreben ist, d. h. das politische Ziel, für das man das Risiko des Krieges einging, kann mit militärischen Mitteln nicht mehr erreicht werden. Der Krieg erfährt, wenn überhaupt, eine moralische Rechtfertigung nur in Verbindung mit den politischen Zielen, für die er geführt wurde. Jede Fortsetzung eines Krieges nur um des Krieges Willen, ist Barbarei, politischer Wahnsinn, Landsknechtsunfug und staatlicher Selbstmord.
Durch sein Wissen und Gewissen muß ein höherer Armeeführer beurteilen können, wann es Zeit ist, einen Krieg aufzugeben. Da kommt es, um ein Wort von Stegemann zu gebrauchen, auf die geistige Größe des Feldherrn an, der mehr sein muß, als ein glücklicher Soldat. Große, ausgezeichnete Feldherren beschränkten Geistes hat es aber noch nie gegeben. Schon Ludendorff und Hindenburg haben 1918 ihre Entscheidung zu spät getroffen. Immerhin konnte man bei ihnen wenigstens bis nach den letzten Offensiv- Versuchen, den guten Glauben voraussetzen, mit militärischen Mitteln zu einem tragbaren Frieden kommen zu können. Für den zweiten Weltkrieg kann man nach El Alamein , Stalin grad , nach dem Zusammenbruch Italiens, oder gar nach
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