sich aus der Natur und dem Charakter der Deutschen in Verbindung mit ihrer harten wechselvollen Ge­schichte und der geographischen Lage des Landes. Rom hat sie vor zweitausend Jahren aus ihrer Abgeschie­denheit aufgescheucht. Im Herzen Europas zu Hohem berufen und Großes leistend, waren sie mit ihrem hei­ligen römischen Reich deutscher Nation im Mittelalter die Klammer, welche die abendländische Kulturwelt zusammenhielt, bis das religiöse Schisma die Einheit ihres Weltbildes zerstörte und wie ein Hausschwamm alles zersetzte und auseinander trieb. Auf den Trüm­mern dieses Reiches gediehen Zerrissenheit, Entfrem­dung untereinander und der Partikularismus, der die Fähigkeit verkümmern ließ, in großen politischen Ent­würfen zu denken, die Vorgänge in der Welt zu ver­stehen und Nutzen daraus zu ziehen.

Die politische Ohnmacht kam über Deutschland zu einer Zeit, in der der größte Teil der heutigen Welt erst neu entdeckt wurde. Deutschland geriet in die Rolle des Dichters, der bei der Verteilung der Welt zu kurz gekommen war, den Gott dafür aber einlud in seinem Himmel Platz zu nehmen, so oft er das Bedürf­nis hierzu habe. Von nun an schlugen die Deutschen ihre Schlachten im Reiche des Geistes und gewannen viele. Aber: ,, während die Deutschen sich mit der Auf­lösung philosophischer Probleme quälen" sagte Goethe 1829 zu Eckermann, ,, lachen uns die Engländer mit ihrem großen, praktischen Verstande aus und gewin­nen die Welt!" Demselben gegenüber hatte er sich schon einige Jahre früher darüber beklagt, daß die philosophische Spekulation dem Deutschen im ganzen hinderlich sei und ihn in Nachteil versetze gegenüber den Geschäfts- und Erfolgsmenschen, die nur aufs Prak­tische gingen. Für uns Deutsche gilt in besonderem

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