kleinen Schulhaus in Reims , wird am 7. Mai morgens 2.41 Uhr von Generaloberst Jodl , dem Chef des Wehr­machtführungsstabes, und Admiral Friedeburg die Ka­pitulationsurkunde unterzeichnet. Knapp vierundzwan­zig Stunden später wird sie in dem zertrümmerten Berlin von den gleichen Persönlichkeiten und dem Generalfeldmarschall Keitel vor dem russischen Mar­schall Schukow ratifiziert. Eine Minute nach Mitter­nacht, also am 9. Mai 0.01 Uhr erfolgt die offizielle Einstellung der Kampfhandlungen an allen Fronten. Der zweite Weltkrieg hatte in Europa sein Ende gefun­den. London , Washington , Paris, Moskau, Amsterdam , Kopenhagen , Brüssel und Oslo ertrinken in einem wah­ren Rausch des Sieges. Überall feiert man den überwäl­tigenden Sieg über Deutschland , das zu Lande, zur See und in der Luft vernichtend geschlagen worden ist. Diese Tatsachenreihe, umrahmt von dem Selbstmord einer Reihe von Naziführern, darunter Goebbels , er­schütternd in ihrem dramatischen Ablauf, erhebt kei­nen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie wirkt aber trotz­dem als Folie eines ebenso beispiellosen wie schmach­vollen Zusammenbruchs: Wenn etwas zum Fallen neigt, dann wird es von allem, was es umgibt ins Un­glück gezogen. Kleine und große Zufälle verbinden sich, um es zu vernichten." Die gewaltige Fülle der historischen Geschehnisse, vom Übergang über den Rhein bis zur Kapitulation in Reims und Berlin in knapp fünf bis sechs Wochen zusammengedrängt, hat die Wahrheit dieser Beobachtung erneut bestätigt. Wie konnte ein solches Unglück über Deutschland kom­men? Diese Frage legen sich heute täglich Millionen von Deutschen vor. Und sie wird von der Geschichts­schreibung auch in Zukunft immer neu gestellt wer­den. Sie ist nicht leicht zu beantworten. Vieles erklärt

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