Schicksal der Stadt. Der Ortsgruppenleiter machte in der Nacht vom 13. zum 14. April seinem Leben durch Erschießen ein Ende, da er an dem Zwiespalt zwischen den Parolen von oben und dem Druck des Volkes von unten zerbrochen ist. Auch seine Familie ging mit ihm in den Tod. So vollzog sich in der kleinen Stadt die gleiche Tragödie, die vorher und nachher so viele Führer der NSDAP . erreicht hat und schließlich auch den Kopf des ganzen Systems auslöschte. Man soll auf die Toten, auch wenn sie im Leben unsere Gegner waren, nicht mit Steinen werfen. Aber das Unglück, das sie durch ihre Taten angerichtet haben, ist zu groß. Es gestattet nicht, sich aus lauter Ehrfurcht vor der Majestät des Todes in Schweigen zu hüllen. Wenn man ein Volk durch seine Taten in das furchtbarste Elend seiner Geschichte gestürzt hat, sich selbst aber der Ver­antwortung durch Selbstmord entzieht, so ist das ein Akt der Feigheit, der nicht mehr überboten werden kann. Inzwischen war eine Verteidigung der Stadt vom mili­tärischen Standpunkt aus immer sinnloser geworden. Das hat auch der letzte Kommandant, ein Major, ein­gesehen; er verschwand unter Zurücklassung seiner Achselstücke. Nun stand der Übergabe nichts mehr im Wege. Nächte hindurch hatte die Bevölkerung den Donner der Geschütze vernommen. Die Tage von Saal­ feld und Saalburg, an denen diese schöne Gegend zum letzten Mal feindliche Heere und schwere Kämpfe auf ihrem Boden erlebt hat, lagen rund 140 Jahre zurück. Seit 130 Jahren hatte Deutschland keine feindliche In­vasion erlebt. Der Nationalsozialismus mußte kommen, um ein Unglück über das Vaterland heraufzubeschwö­ren, das man nicht mehr für möglich gehalten hatte. Die ersten amerikanischen Panzer zogen am Sonntag, dem 15. April, zwischen neun und zehn Uhr in die Stadt

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